Erziehung und Unterricht 2018/3+4
372 Sieberer-Nagler, Philosophieren mit Kindern in der Grundschule Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Aus Theorie und Praxis Katharina Sieberer-Nagler Philosophieren mit Kindern in der Grund- schule – eine wertvolle Lernmethode Summary: Kinder und Jugendliche haben große Freude daran, Dinge selbst zu entdecken, gemeinsam Fragen zu stellen und schließlich auch Lösungen zu finden. Durch das Philo- sophieren werden grundlegende Fragen der menschlichen Existenz bewusst angesprochen und reflektiert. Dieses gemeinsame Nachdenken und Weiterfragen im philosophischen Prozess verlangt und fördert Neugierde und Offenheit und erweitert eigene und fremde Sichtweisen. Im Unterricht wird dadurch die Sprach- und Denkentwicklung gefördert und die Toleranz anderen gegenüber gefördert. In diesem Artikel werden daher die ersten An- sätze des „Philosophierens mit Kindern“ kurz umrissen, ebenso werden wesentliche Merkmale des Philosophierens mit Kindern aufgezeigt. Curriculare und didaktische Über- legungen werden im Anschluss erläutert. Abschließend werden Methoden für den Unter- richt genannt und konkrete Vorgehensweisen im Unterricht beschrieben. „Dinge wahrzunehmen ist der Keim der Intelligenz“ (Laotse, chinesischer Philosoph im 6. Jahrhundert vor Christi) 1. Einleitung Für Kinder ist es selbstverständlich, Fragen zu stellen, denn für die jungen Menschen sind ihre Welt und viele der inhärenten Phänomene häufig noch neu und verwirrend. Durch ein Nachdenken wird es ihnen möglich, sich die Wirklichkeit anzueignen (vgl. Wieacker-Wolff 2014). Allerdings verfügen Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter nur selten bereits über die notwendigen Erfahrungen und das erforderliche Wissen, um eine Erklärung für die aus ihrer Wahrnehmung unübersichtlichen und komplexen Vorgänge und Geschehnisse in der Welt zu haben: Für Kinder ist das Normale und Selbstverständliche oftmals noch rät- selhaft, irritierend und unbegreiflich. Aufgrund ihrer Neugierde stellen sie viele Fragen, um durch die erhaltenen Erläuterun- gen und Erklärungen die Funktion und die Bedeutung der Dinge in ihrer Realität zu verste- hen. Bei diesen Fragen handelt es sich im Grunde um ein tiefes Nachdenken über die Welt und um einen Drang zum Verstehen – wodurch es sich um die Urform des Philosophierens handelt (vgl. z.B. Brüning 2006; Boltz 2003; Cam 1995).
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