Erziehung und Unterricht 2018/3+4
Fast, Rechnen lernen im 21. Jahrhundert 357 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 durch ein Verständnis über die Beziehungen zwischen Zahlen lassen sich elegantere Re- chenstrategien entwickeln, um einfacher und schneller zum Ergebnis zu kommen. Bei ei- ner Subtraktion, wie z. B. 81 – 78, bei der beide Zahlen bekannt sind, ist abzuschätzen, ob subtrahiert oder ergänzt werden soll. Weiters ist auch vorteilhaft, im Vorhinein zu wissen, ob eine Zahl nahe einer (mental disponierten) Zehnerzahl ist, um eine Hilfsaufgabe (z. B. bei 86 – 19) durchzuführen. Das Erkennen von Beziehungen zwischen den Aufgaben , die „Auseinandersetzung mit Gleichungen im jeweiligen Umfeld“ ( Rechtsteiner-Merz 2013, S. 64) ist erforderlich, um Strukturähnlichkeiten, nämlich den Zusammenhang zwischen gleichen Lösungswegen bzw. Lösungsmethoden bei unterschiedlichen Zahlen in Aufgaben zu erkennen. Das ist z. B. bei einer Aufgabe, die auf eine Verdoppelungsaufgabe plus 1 (z. B. 16 + 15) zurückgeführt werden kann oder auch beim Erkennen von Analogien, wie z. B. 47 – 5, die gestützt durch Verständnis des Stellenwerts (Beziehungen ‚innerhalb der Zahl‘) durch die analoge Rech- nung (z. B. 7 – 5) gelöst werden kann, grundlegend. Beziehungen zwischen den Aufgaben zu finden verlangt, dass eine schon bekannte Gleichung mental präsent ist und diese auf die aktuelle Gleichung übertragen werden kann. Das gelingt manchen, aber nicht allen Kindern ( Fast 2017; Heirdsfield & Cooper 2002; Rathgeb-Schnierer 2006). Sie können sehr wohl die einzelnen Zahlen in ihre Stellenwerte zerlegen (Standardzerlegungen) und richtig rechnen. Hingegen können sie nicht Beziehun- gen zwischen Zahlen nutzen, um adäquate Lösungsmethoden, wie z. B. Hilfsaufgaben, zu praktizieren. Rechnen In der didaktischen Literatur wird beim Rechnen traditionellerweise Kopfrechnen (münd- liches Rechnen), halbschriftliches Rechnen (gestütztes Kopfrechnen), schriftliches Rechnen und das Rechnen mit dem Taschenrechner unterschieden. Beim Kopfrechnen ( Krauthausen 1993, S. 189; Padberg & Benz 2011, S. 85; Schipper 2009a, S. 126) erfolgt die Lösung der Aufgabe im Kopf, ohne Notation von Zwischenschritten. Statt Kopfrechnen wird in der didaktischen Literatur auch der Terminus mündliches Rechnen verwendet. Das Kopfrechnen bezieht sich einerseits auf die Grundaufgaben (z. B. das Eins- pluseins), die sicher und schnell gelöst werden sollen. Das erwünschte „Auswendigwissen“ ( Schipper 2009a, S. 126) wird üblicherweise unter Kopfrechnen subsumiert, obgleich dies nach Schipper (2009a, S. 126) kein Rechnen, sondern ein „Rückgriff auf Basisfakten“ ( Rathgeb-Schnierer 2011, S. 16) ist. Bei weiteren Rechnungen, wie z. B. bei der Addition und Subtraktion zwei- oder dreistelliger Zahlen, ist normalerweise das Ergebnis nicht direkt aus dem Gedächtnis abrufbar, sondern wird in Teilschritten ermittelt. Die anfallenden Zwi- schenergebnisse werden nicht notiert ( Schipper 2009a, S. 126), sondern ‚im Kopf‘ gemerkt. Hierbei sind vielfältige Lösungsmethoden möglich und erwünscht. Halbschriftliches Rechnen ist Kopfrechnen (mündliches Rechnen) mit Notation der Zwi- schenschritte. Während der Begriff „halbschriftliches Rechnen“ gelegentlich eher mit stan- dardisierten Vorgehensweisen und verbindlichen Notationsweisen in Schulbüchern asso- ziiert wird, stellt der Terminus „gestütztes Kopfrechnen“ ( Schipper 2009a, S. 126) unmiss- verständlich das Verknüpfen der Zahlen in den Vordergrund und wird umfassender inter- pretiert. Gestütztes Kopfrechnen liegt nach Schipper (2009a, S. 126) auch dann vor, wenn ein Kind nur für sich die Zwischenergebnisse einer Rechnung notiert oder auf eine Skizze zurückgreift. Während Kopfrechnen (mündliches Rechnen) und halbschriftliches Rechnen (gestütztes Kopfrechnen) sich in ihren fließenden Übergängen durch die Art der vorhandenen Nota-
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