Erziehung und Unterricht 2018/3+4
344 Holzer/Mick/Pretterhofer, Geometrische Kompetenzen im Schuleingangsbereich Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Pilotstudie zum Aufbau stabiler innerer Vorstellungen Fragestellung Mengen erfordern immer eine entsprechende räumliche Anordnung. Für eine tragfähige Verbindung von Zahl und Menge sind stabile innere Vorstellungen von diesen Anordnun- gen eine absolut notwendige Voraussetzung. Kinder, die über keine Strategie verfügen, sich Bauwerke, bestehend aus vier bis fünf Bausteinen, einzuprägen und mit Hilfe ihres „inneren Bildes“ nachzubauen, werden mit Mathematik von Anfang an Probleme haben. Bei Kindern, die an solchen Aufgabenstellungen scheiterten, und auch Üben keine Ver- besserung brachte, konnte beobachtet werden, dass sie ein vorgegebenes Bauwerk nur kurz betrachteten und dann schon überzeugt waren, es aus der Vorstellung bauen zu kön- nen. Auch mehrmalige Versuche brachten nicht den gewünschten Erfolg. In der Regel musste das Bauwerk auf drei, manchmal sogar auf zwei Bausteine reduziert werden. Da- raus ergab sich die Vermutung, dass es diesen Kindern schwerfällt, ruhig stehende Objekte über eine längere Zeitspanne hinweg konzentriert zu betrachten. Davon ausgehend erga- ben sich folgende Fragestellungen: • Kann man mit sprachlichen Wahrnehmungsaufträgen die Betrachtungsdauer gezielt ver- längern? • Bewirken diese sprachlichen Anweisungen ein aktives Erzeugen von inneren Vorstellun- gen, die dann auch abrufbar sind? Stichprobe Durchgeführt wurde diese Pilotstudie in einem Lerncafe. Das war im konkreten Fall ein au- ßerschulischer Lernort, der ein kostenloses Lern- und Nachmittagsangebot für Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren anbietet. Die betreuten Kinder weisen alle einen Migra- tionshintergrund auf und die Erziehungsberechtigten sind nur begrenzt in der Lage, Unter- stützung bei der Erledigung der Hausaufgaben zu leisten. Als Einstieg wurde der Geometriekoffer verwendet. Dabei wurde beobachtet, auf wel- che Kinder dieses Material merkbar motivierend wirkte. Gearbeitet wurde mit sechs Kin- dern im Alter zwischen sieben und acht Jahren. Der Zeitraum erstreckte sich über vier Mo- nate, wobei eine Studierende vierzehntägig mit den Kindern arbeitete. Für selbstständiges, eigenverantwortliches Arbeiten stand das Material immer zur Verfügung. Intervention Gruppenscreening Mit diesen sechs Kindern wurde das oben angeführte Gruppenscreening durchgeführt. Die Ergebnisse lieferten erste Hinweise, über welche Kompetenzen die Kinder im Bereich des räumlichen Wahrnehmens und Vorstellens verfügten. Weiters lieferte es Informationen über graphomotorische Fähigkeiten und über den Wortschatz in Bezug auf geometrische Formen (Kreis, Dreieck, Viereck) und Relationsbegriffe (außen, innen, oben, unten, links, rechts). Vertiefende Einzelerhebung Um die Kenntnisse und Fähigkeiten dieser Kinder noch genauer zu erfassen, wurde ein Leitfaden für Einzelinterviews entwickelt. Der Leitfaden fokussierte einerseits auf die sprachlichen Kompetenzen der Kinder, andererseits auf ihre Fähigkeit des Einprägens.
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