Erziehung und Unterricht 2018/3+4
342 Holzer/Mick/Pretterhofer, Geometrische Kompetenzen im Schuleingangsbereich Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 episodischen Puffer. Ergänzt wird es durch eine Kontrollinstanz, welche die für die aktuelle Aufgabe nötigen Ressourcen verteilt (vgl. Roth 2011, S. 140). „Es hält für wenige Sekunden bestimmte Inhalte fest, z.B. einen bestimmten Teil der Wahrnehmung oder Gedanken, ak- tiviert die hiermit verbundenen Gedächtnisinhalte und Vorstellungen und verarbeitet all dies zu einem momentan sinnvollen Inhalt. Dadurch ist es ein besonders wichtiger Teil un- seres Bewusstseins – man spricht vom Strom des Bewusstseins“ (ebenda, S. 141). Es han- delt sich hier also um eine entscheidende Grundlage für jeden Lernprozess, völlig un- abhängig davon, um welchen Inhalt es sich handelt. Bei der konkreten Förderarbeit begegneten wir immer wieder einzelnen Kindern, die zwar im Bereich des räumlichen Wahrnehmens, aber nicht im Bereich des Vorstellens mit den angebotenen „Aufgabenketten“ zu einer zufriedenstellenden Entwicklung kamen. Durch sorgfältige Beobachtung dieser Kinder und damit verbunden Gesprächen mit ihnen, kristallisierte sich langsam eine Möglichkeit heraus, die ihnen helfen könnte. Damit räumli- che Wahrnehmungen zu inneren Repräsentationen werden, braucht es aktive mentale Verarbeitungsschritte. Die Steuerung dieser Schritte sollte über sprachliche Anweisungen möglich sein. Es wird nun zuerst das „Arbeitsmodell Geometrische Kompetenzen“ vorgestellt, da dies die theoretische Orientierung für die Intervention liefert. Anschließend folgen die Einord- nung der Intervention in dieses Modell und die Dokumentation einer Fallstudie, ergänzt durch eine abschließende Interpretation der gemachten Erfahrungen. Arbeitsmodell „Geometrische Kompetenzen im Schuleingangsbereich“ Bei den in der Literatur vorhandenen Modellen ist zu unterscheiden, ob sie vorwiegend aus der Sicht des Faches Geometrie als ein Teilgebiet der Mathematik oder aus der Sichtweise der Psychologie entwickelt wurden. Dem entsprechend unterscheiden sich die Begrifflich- keiten. In manchen Modellen, wie z.B. bei Piaget , werden die Begrifflichkeiten aus beiden Gebieten miteinander kombiniert und vermischt. Insgesamt gibt es eine Fülle von psychologischen Untersuchungen zum Thema. Abhän- gig von den gewählten Aufgabenstellungen werden daraus unterschiedliche Faktoren er- mittelt und beschrieben. Aus psychologischer Sicht lässt sich zusammenfassen: „Mögen unsere gegenwärtigen Vorstellungen von Intelligenz einerseits noch unzureichend sein, so existieren dennoch in der Psychologie eine Vielzahl von Ansätzen und Theorien zur Intelli- genz, von denen viele den Faktor der Raumvorstellung explizit als gewichtige Komponente enthalten.“ ( Maier 1999, S. 29) Grundlagen für das hier in Folge vorgestellte Modell waren das entwicklungspsycholo- gische Konzept von Piaget ( Piaget & Inhelder , 1999) aus dem Bereich der Psychologie, so- wie die Modelle von van Hiele und Franke ( Franke & Reinhold , 2016) aus dem Bereich der Geometrie. 3 Das von der Autorin/dem Autor entwickelte Modell ist zweidimensional; die Dimensio- nen sind A) räumliches Denken und B) Darstellungsebenen des Raumes. A) Räumliches Denken In der Dimension des räumlichen Denkens lassen sich drei qualitativ gut unterscheidbare Fähigkeiten beschreiben: 1. Räumliches Wahrnehmen : Damit meinen wir die Erfassung des uns umgebenden realen Raumes mit Hilfe aller Sinne, z.B. visuell, auditiv, kinästhetisch.
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