Erziehung und Unterricht 2018/3+4
320 Varelija-Gerber/ Überlegungen zum Entdeckenden Lernen im Mathematikunterricht der Primarstufe Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Strategien zu entwickeln. Es geht darum, ob die Kinder dazu in der Lage sein werden, die Aufgabenstellungen mit ihrem vorhandenen Wissen und ihren zur Verfügung stehenden Mitteln zu bewältigen. Diese genannten grundlegenden Kriterien sind Parameter, die es gilt im Entdeckenden Lernen in der Planung und Durchführung im Besonderen zu berück- sichtigen. Des Weiteren führt Schütte noch drei Punkte an, die bei der Auswahl von Aufga- benstellungen und bei der Planung des Unterrichts bedeutend sind. Einerseits geht es um die Attraktivität der Aufgabenstellung für die Schülerinnen und Schüler, die es in einem motivierenden Einstieg ermöglicht, dass die Schülerinnen und Schüler aus eigenem Inte- resse und lustvoll an die Bearbeitung der Fragestellung gehen. Andererseits ist zu beden- ken, inwiefern und inwieweit es den Kindern möglich ist, ihre erworbenen Fähigkeiten, Fer- tigkeiten und Kompetenzen einzubringen. Es muss im Vorfeld bedacht sein, ob es zu un- terschiedlichen Lösungswegen kommen kann, also ob die Aufgabenstellung tatsächlich of- fen sein soll für eigene Lösungswege. Das Spektrum geht beispielsweise von der Öffnung der Zahlenräume bis hin zu Möglichkeit der Selbstdifferenzierung. Ein letztes Kriterium ergibt sich aus der Zusammenschau aller Aufgabenstellungen insofern, als dass bei der Auswahl von Frage- und Problemstellungen ebenfalls darauf Bedacht genommen wird, ob sich hinsichtlich des mathematischen Gehalts noch weitere Ausbaumöglichkeiten der Be- arbeitung ergeben können, ob die Frage- und Problemstellungen mathematisch ergiebig sind (vgl. Schütte 2008, S. 85ff). Geht es um eine Systematisierung und Beschreibung von Aufgabenstellungen, die im Sinne so genannter „Guter Aufgaben“ zum Entdeckenden Ler- nen anregen, bestimmen zwei Ebenen die Vorgehensweise und Klassifizierung der Aufga- benstellungen. Zum einen wird es darum gehen, etwas Neues zu erkunden, zu erarbeiten, folglich zu systematisieren und zu sichern, bevor es zum anderen daran geht, das Erkun- dete und Erarbeitete zu üben. In der Ebene des Übens wiederum geht es nicht nur um Wiederholen und Automatisieren, sondern auch darum, entdeckende Elemente zu realisie- ren. Wir sprechen demnach von „Produktiven Aufgaben“, die zum Nachdenken anregen, Entdeckungen erlauben, selbstdifferenzierend und sinnstiftend sind (vgl. Holzäpfel & Leu- ders 2015, S. 125f). Die Schülerinnen und Schüler sind dazu aufgefordert darüber nachzu- denken, was beispielsweise das Berechnete bedeutet bzw. welche Zusammenhänge zu anderen mathematischen Inhalten hergestellt werden können. Die Struktur der Aufgaben- stellung oder zusätzliche Fragestellungen bieten die Möglichkeit, neben Übungssequenzen auch noch weitere mathematische Entdeckungen zu machen. Die Aufgabenstellungen bie- ten den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, in individuellem Tempo und auf unter- schiedlichen Bearbeitungsniveaus zu einer Lösung zu gelangen. Dadurch sind die Bearbei- tungsweisen im Idealfall den individuellen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler ent- sprechend. Anhand der sich ergebenden Fragestellungen wird den Schülerinnen und Schü- lern deutlich, wozu das Gelernte eigentlich benötigt wird, was oft durch die Einbettung in einen Sachkontext geschieht, sich aber auch bei Lösungen rein innermathematischer Situ- ationen ergeben kann. In den Aufgabentypen kann die grobe Unterscheidung getroffen werden zwischen Strukturaufgaben und Problemlöseaufgaben. Während es in Strukturauf- gaben darum geht, Ordnungen und Muster innerhalb von Aufgabenserien zu entdecken oder generell strukturelle Ordnungen herzustellen, geht es bei Problemlöseaufgaben da- rum, sich durch systematisches Probieren einer Lösung zu nähern (vgl. Holzäpfel & Leuders 2015, S. 125ff). Nicht jede Aufgabe kann für sich immer allen Kriterien entsprechen, was aber auch nicht verlangt wird. Wesentlich ist, dass bei der Planung, Aufbereitung und Durchführung im Unterricht mitbedacht wird, welche Kriterien zum Tragen kommen und in welcher Form die Schülerinnen und Schüler bei ihren Lösungsvorgängen im Sinne des Ent- deckenden Lernens dazu motiviert werden über Inhalte und Gelerntes nachzudenken, Ent-
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