Erziehung und Unterricht 2018/3+4

Varelija-Gerber, Überlegungen zum Entdeckenden Lernen im Mathematikunterricht der Primarstufe 319 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 „Gute Aufgaben“ zum Entdeckenden Lernen „Erst durch den Blick auf Umsetzungsbeispiele für den Mathematikunterricht zeigt sich, was im Unterricht auf der Grundlage vorbereiteter Lernumgebungen tatsächlich verwirk- licht werden kann oder welche Lernumgebungen als Orientierung stiftende Beispiele für gelungenes Entdeckendes Lernen von Unterrichtsgestaltern herangezogen werden kön- nen.“ ( Kollosche 2017, S. 213) Was zeichnet mathematisches Arbeiten bzw. Entdecken aus, was sind die wesentlichen Komponenten im mathematischen Lehren und Lernen in der konkreten Umsetzung von entdeckenden Maßgaben? Anzustreben sind Aufgabenstellun- gen, die das Potenzial haben sowohl selbstständiges Denken und Arbeiten als auch eigen- ständiges Lösen von Problemen zu forcieren. „Gut entdecken“ lassen sich beispielsweise eigene Lösungswege und Rechenstrategien, zumal beide genannten Bereiche sich generell schon individuell entwickeln. Das Entdecken mathematischer Zusammenhänge bzw. ma- thematischer Konzepte ist ebenfalls gut möglich und kann im Unterricht im Sinne des Ent- deckenden Lernens umgesetzt werden. Innerhalb dessen gibt es in der Mathematik aber auch Bereiche, die nicht zum Entdecken geeignet sind, weil sie aufgrund von mathemati- schen Gesetzmäßigkeiten als gegeben gelten. So sind die optimierten mathematischen Algorithmen wie beispielsweise die schriftlichen Rechenverfahren kaum im Entdeckenden Lernen anzusetzen, da es hier eher darum geht nachvollziehen zu können, wie und warum diese funktionieren (vgl. Holzäpfel & Leuders 2015, S. 120). „Gar nicht entdecken lassen sich mathematische Konventionen, wie z.B. Namen und Bezeichnungen. Auch manche Regeln, wie Punkt-vor-Strich-Rechnung, sind Konventionen – es könnte ja auch (wie bei der Rechts- vor-Links-Regel im Straßenverkehr) andersherum festgelegt sein.“ ( Holzäpfel & Leuders 2015, S. 120) In Anlehnung an Sybille Schütte (2008) sollen maßgebliche Qualitätsindikato- ren für „gute Aufgaben” im Sinne von gut geeigneten Aufgabenstellungen zum Entdecken- den Lernen im Mathematikunterricht vorgestellt und deren Bedeutung zur Auswahl von Aufgaben erläutert werden. Zum Ersten erscheint der Begriff Validität als ein wesentliches Kriterium dafür, dass bei der Auswahl von Aufgaben der direkte Bezug zu den mathemati- schen Inhalten, den Zielen gegeben ist. Die Aufgaben sollen nach dem Kriterium der Validi- tät alle erforderlichen Kompetenzen ansprechen, aber keine unerwünschten oder unnöti- gen Schwierigkeiten enthalten. Als zweites Kriterium gilt die Verständlichkeit der Aufga- ben, vor allem, wenn es um Aufgaben geht, die anwendungsbezogen zu denken und zu bearbeiten sind. Konkret bedeutet das für die Auswahl der Aufgabenstellungen bzw. die Vorarbeiten und Vorbereitungen bis hin zur Bearbeitung der Aufgabenstellungen seitens der Schülerinnen und Schüler eine eindeutige Abklärung darüber, ob den Kindern die ver- wendeten Begriffe und die zu erwartenden Begriffe im Sinne einer mathematischen Fach- sprache bekannt sind und diese damit inhaltlich etwas anfangen können. Des Weiteren ist zu bedenken, ob die Lernenden die Aufgabenstellungen tatsächlich auf Basis ihrer bereits erworbenen Erfahrungen verstehen können. Ein drittes Kriterium bei der Auswahl ergibt sich aus der Bedeutsamkeit der Aufgabenstellungen im kindlichen Verstehenskontext. Die Bearbeitung der mathematischen Inhalte soll für die Schülerinnen und Schüler durch eige- nes Interesse motiviert erfolgen, sie sollen bezogen auf das mathematische Problem oder den mathematischen Sachverhalt angetrieben sein, eine Lösung zu finden. Das bedeutet vor allem in Zusammenhang mit anwendungsbezogenen Aufgaben, dass die Lösung des mathematischen Inhaltes auch sachdienlich verwendet werden kann. In der Bearbeitung von herausfordernden Frage- und Problemstellungen stellt im Entdeckenden Lernen ein wesentliches Kriterium die „Zone der nächsten Entwicklung” dar. Damit ist gemeint, dass Aufgabenstellungen dahingehend überdacht werden, ob die Lösung für die Kinder routi- nemäßig zu erreichen ist oder ob diese dazu angehalten sind, selbst Lösungsansätze und

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