Erziehung und Unterricht 2018/3+4

312 Hauer/Schwaiger/Benczak/Ketter, Forschendes Lernen in Mathematik erleben Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Exemplarische Beispiele für die Praxis in der Primarstufe Bereich: Fortbewegung, Stationsbetrieb – unterschiedliche Fortbewegungsarten, 4. Klasse Schon vor der eigentlichen Mathematikstunde wurde im Turnsaal ein Stationsbetrieb durchgeführt, bei dem die Schulkinder eine bestimmte Strecke auf unterschiedliche Fortbewegungsarten meistern mussten. Die benötigte Zeit trugen die Kinder selbständig in ein Stationsblatt ein. Anschließend wurden die Messwerte in eine Tabelle übertragen und daraus ein Diagramm entwickelt. In Folgestunden berechneten die Schülerinnen und Schüler interpersonelle aber auch intrapersonelle Differenzen und verglichen die Werte miteinander. Das richtige Messen von Geschwindigkeit und das korrekte Ablesen von Daten aus einer Tabelle bzw. aus einem Diagramm waren dabei wesentliche Ziele, die die Lehrperson verfolgte. Bereich: Geld, Fermiaufgabe mit Bildvignetten, 2. Klasse Kurz vor dem Weltspartag wurde eine Bildvignette an die Tafel geheftet, die ein großes nicht-transparentes Sparschwein zeigte. Dazu wurde folgende Fermi-Aufgabe formuliert: „Lisas Sparschwein ist schon sehr schwer. Kurz vor dem Weltspartag bekommt das Mäd- chen noch 2 Geldscheine von ihrer Oma. Wie viel Geld hat Lisa in ihrem Sparschwein? Zeichne, schreibe, rechne!“ (vgl. Rasch 2010). Als Hilfestellung und zur Differenzierung wurden den Schulkindern zwei Arten von Tippkarten passend zur Fragestellung angeboten. Tippkarte 1 beinhaltete vorformulierte Hilfsfragen, Tippkarte 2 verschiedene Annahmen. Einzelne Schülerinnen und Schüler nutzten dieses Angebot, andere wiederum kamen ohne diese Hilfestellung zu einem Ergebnis. In der Rechenkonferenz wurden die unterschiedli- chen Lösungswege und deren Ergebnisse miteinander diskutiert. Wichtige Kompetenzen wie Modellieren und Kommunizieren wurden dabei trainiert. Bereich: Größen – Licht und Schatten, Grundstufe 1 In einer Praxisumsetzung zum Thema Licht und Schatten – als ein weiteres Beispiel vielfäl- tiger Anknüpfungspunkte naturwissenschaftlicher Phänomene an die Mathematik in ihrer Varietät – weckten die Studierenden das Entdeckungsinteresse der Kinder durch das Vorle- sen der Geschichte „Das Grüffelo-Kind“ von Julia Donaldson (2004). Durch verschiedene Ex- perimente mit Schatten im abgedunkelten Klassenraum konnten die Kinder in einer an- schließenden Phase bereits zur Hypothesenbildung angeregt werden: „Kann ein Schatten eine Farbe haben – wieso könnte das so sein?“ und viele andere Fragen erweckten Neugier in der Auseinandersetzung. Der gemeinsame Entschluss zur Weiterarbeit bezüglich Licht und Schatten in Verbindung zum eigenen Körper folgte. Gebildete Dreiergruppen – jeweils mit Taschenlampe, Rollmeter, Blockzettel und Stift ausgerüstet – wurden als Arbeitsge- meinschaften mit weiteren Fragen konfrontiert: „Ist es wirklich möglich, dass die Maus in der Geschichte, durch das Licht des Mondes einen so großen Schatten hatte? Ist es mög- lich bzw. wie ist es möglich, dass dein Schatten doppelt so groß ist wie du selbst? Kann dein Schatten auch kleiner sein als du? usw.“ An dieser Stelle wurden Vermutungen ge- sammelt und mit geschilderten Erlebnissen aus dem Alltag bereichert. Die Phase des Au- thentischen Explorierens wurde unterschiedlich gehandhabt: manche Gruppen begannen mit Hand und Taschenlampe zu experimentieren, andere beleuchteten gleich näher die Fragen zur Körpergröße. In der Phase des Kritischen Diskurses fand nicht nur eine Bespre- chung der verschiedenen Lösungen/Lerngewinne und Diskussion der Frage bezüglich un- terschiedlicher Ergebnisse statt – es gab auch Platz für Reflexion von Erfahrungen und Ge-

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