Erziehung und Unterricht 2018/3+4

Kristan, Stimmungsbilder zu den EU-Integrationsschritten Österreichs in den 1990er-Jahren 251 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 „Ja ich würd schaun, dass man also glaub ich auf unsere Bauern und die Land- und Forstwirtschaft schaut, also ob die mitkommen mit den großen Staaten.” „Auf die kleineren Betriebe, dass die nicht zugrunde gehen, wenn wir zur EG kommen, da haben die halt keine Chance mehr. Und auf die sollte man halt Rücksicht nehmen. „Sie sollen a bissl aufpassen, dass die Bauern zurechtkommen und ansonsten müssen´s halt schauen, wie sie sich wirtschaftlich durchsetzen können.“ „Die Neutralität, würd ich sagen, das ist für mich das Wichtigste.” „In dem Zusammenhang fällt mir natürlich noch die Umweltproblematik ein, also da glaub ich, sollte man natürlich auch drängen, dass man die entsprechenden Standards einhält.” „Autonomie, selbstständig sein, dass man nid auf so große Strukturen zurückgreifen muss.“ „Verkehr, wenn wir ein Durchzugsland werden. Ansonsten, i glaub wenn ma gschickt sind, bin i scho sehr dafür.“ ORF-Mittagsjournal, 1.2.1993, Österreichische Mediathek, jm-930201 (Ausschnitte) Auch österreichische Umweltorganisationen zeigten sich skeptisch und übermittelten in einer gemeinsamen Aktion zum Start der Beitrittsverhandlungen einen Fragenkatalog an die Bundesregierung mit 200 Umweltfragen. Der Biologe Bernd Lötsch erklärte in einem Ö1-Mittagsjournal die Forderungen, die mit dem Fragenkatalog verbunden waren: „Wir verlangen von der Österreichischen Bundesregierung, dass sie ihre Vorreiterrolle in der EG zu spielen beginnt, in dem sie die höchsten Standards zur Umweltvorsorge und zur Umweltsanierung verlangt. Es sollte die EG in einer Wetteiferung um die höchsten Standards bestehen. Es ist das einzige Wettbewerbsgeschehen, von dem auch der Unterlegene profitiert.” ORF-Mittagsjournal, 1.2.1993, Österreichische Mediathek, jm-930201 (Ausschnitt) Die österreichische Parteienlandschaft teilte sich in EU-Befürworter und EU-Gegner auf. Aber auch innerhalb der Parteien gab es verschiedene Meinungen. Vor allem von der FPÖ und den Grünen wurden diese unterschiedlichen Positionen auch in die Öffentlichkeit ge- tragen. Obwohl große Teile der FPÖ damals gegen den EU-Beitritt waren, trat der FPÖ-Lan- desrat Hubert Gorbach (Vorarlberg) in einem Journal von 1994 als EU-Befürworter auf: „Grundsätzlich darf ich feststellen, dass wir natürlich aus einer Position der Wirt- schaftsabhängigkeit in EU-Ländern heraus überleben müssen. Also aus wirtschaft- lichen, aber auch sicherheitspolitischen Gründen dürfte innerhalb der Vorarlberger FPÖ eindeutig eine Ja-Empfehlung überwiegen. Allerdings, und das möchte ich dazusagen, nicht ohne innerstaatliche Reparaturarbeiten zum Verhandlungsergebnis in Brüssel. Aber ich mache keinen Hehl daraus, da ich ja selbst aus der Wirtschaft komme und ich mir nur schlecht vorstellen kann, dass sich hier nicht eine Ja-Empfehlung vertreten würde, weil es meines Erachtens keine Alternative gibt. (…)” ORF-Mittagsjournal, 18.3.1994, Österreichische Mediathek, jm-940318 (Ausschnitt) Zustimmung des Europäischen Parlaments Nach dem positiven Abschluss der Beitrittsverhandlungen im April 1994, stimmte am 4. Mai auch das Europäische Parlament Österreichs Beitritt in die Europäische Union zu (inzwi- schen war die EG Teil der Europäischen Union). Parallel dazu fand eine Marathonsitzung des österreichischen Parlaments statt, in der über den EU-Beitritt diskutiert wurde. Die fol-

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