Erziehung und Unterricht 2018/3+4

246 Wirth, AktivistInnen für Reformen, Umweltschutz und Frieden Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Volksbegehren vorgestellt, das von einem überparteilichen Personenkomitee aus Wissen- schaftlerInnen, KünstlerInnen und PublizistInnen getragen wurde. Damit hatte der Wider- stand gegen das geplante Donaukraftwerk eine breite Basis gefunden und eine neue Qua- lität erreicht. Die handelnden Politiker – allen voran Bundeskanzler Sinowatz und Vertreter der Gewerkschaften – zeigten sich davon jedoch unbeeindruckt und kündigten rasche Ro- dungsarbeiten an. Protestkundgebungen in Wien, ein Sternmarsch nach Hainburg und schließlich die Besetzung des Rodungsgebiets im Winter 1984 beantwortete die Regierung zunächst mit Abholzungen und einem brutalen Einsatz der Exekutive. Erst als in Wien rund 40.000 DemonstrantInnen ihre Solidarität mit den AubesetzerInnen ausdrückten und auch in den Bundesländer die Menschen auf die Straßen gingen, wurde von der Regierung zu- nächst ein „Weihnachtsfriede“ und im Folgejahr ein Verzicht auf das Donaukraftwerk er- klärt. Die Umweltbewegung hatte damit ein weiteres Mal ihre Mobilisierungsmacht gezeigt, wobei es den AktivistInnen nicht nur darum ging, für die Erhaltung der Aulandschaft und gegen eine Politik zu protestieren, die ausschließlich dem Wachstumsdenken orientiert war. Sie wollten auch ein Zeichen gegen eine „Politik von oben“ setzen sowie Mitsprache- rechte einfordern und gaben damit zahlreichen gesellschaftskritischen Kräften Auftrieb. Vor allem der Kampf gegen das AKW in Zwentendorf hatte auch eine wichtige katalytische Wirkung für die Bildung weiterer Bewegungen wie der Alternativ- und Friedensbewegung der frühen 1980er Jahre. Die Alternativbewegung Die Alternativbewegung zeichnete sich durch neue Formen des Zusammenlebens (Wohngemeinschaften) und des Wirtschaftens (Kooperativen, Genossenschaften und selbstverwaltete Betriebe, Bioläden) aus. Sie zielte – beginnend mit der ARENA-Besetzung in Wien 1976 3 – auf die Schaffung neuer, selbstverwalteter Kultureinrichtungen, Lokale und Jugendzentren ab und brachte neue, alternative Medien (wie die Stadtzeitung „Falter“ in Wien) hervor. Zudem war sie mit der Bildung einer neuen sozial heterogen zusammenge- setzten Jugendbewegung (Arbeitslose, Lehrlinge, Berufstätige, Kurzzeitbeschäftigte, Stu- dentInnen) verbunden, die unter dem Eindruck der Jugendunruhen in Zürich, Berlin und Amsterdam auch in Österreich Hausbesetzungen durchführte, um gegen Wohnungsleer- stand und Abrissspekulationen zu demonstrieren und Freiräume für junge Menschen in „überverwalteten“ Städten einzufordern. Die Friedens- und Dritte-Welt-Bewegung Die Friedensbewegung der 1980er Jahre ist in erster Linie auf die internationale Entwick- lung des Kalten Krieges zurückzuführen. Gruppierungen und Aktionen, die sich gegen das Wettrüsten der Supermächte eingesetzt haben, hat es zwar bereits in früheren Jahren ge- geben. Nachdem die 1970er Jahre durch eine Phase der politischen und militärischen Ent- spannung geprägt waren, ist es um die Friedensbewegung jedoch ruhig geworden. Einen neuen Aufschwung nahm sie Ende des Jahrzehnts, als sich der Kalte Krieg erneut zuspitzte, das Wettrüsten der USA und Sowjetunion zunahm, die Sowjetunion in Afghanistan einmar- schierte und der so genannte Nato-Doppelbeschluss 1979 die Stationierung neuer atoma- rer Waffen in Westeuropa vorsah. Dies führte dazu, dass auch in Österreich zwischen 1981 und 1983 Tausende Menschen auf die Straßen gingen, um für ein atomwaffenfreies und entmilitarisiertes Europa, eine generelle Abrüstung und Friedenssicherung zu demonstrieren. Der „Friedensmarsch“ wur- de damit zum wichtigsten Instrument der Bewegung. Bei den beiden größten Demonstra-

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=