Erziehung und Unterricht 2018/3+4
Steffek, (Un)ausgesprochen 235 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Es folgte eine sehr engagierte Aussprache zwischen den Schülern und dem Referenten. Die Schü- ler des Gymnasiums Völkermarkt empfanden dieses Gespräch als eine wertvolle Veranschau- lichung und Vertiefung des Zeitgeschichteunterrichts und empfehlen anderen Schulen, diesem Beispiel zu folgen.“ 9 Infolge des ungekürzten Wiederabdrucks unter den Leserbriefen der „Kleinen Zeitung Kärnten“ unter dem Titel „Auschwitz und die junge Generation“ vom 27. Januar 1976 erhiel- ten die Schülerinnen und Schüler eine Reihe von Zuschriften, verbunden mit revisionisti- schen Materialien. Zudem erschien unter dem Titel „Zauberwort Auschwitz“ ein weiterer Leserbrief in der freiheitlichen Wochenzeitung „Kärntner Nachrichten“, in dem der Verfas- ser der Schülerschaft riet, „ihr Hirn zu gebrauchen und sich eine eigene Meinung zu bilden“ 10 – was diese zweifelsohne getan hatte – und Hermann Langbein als „ersten Kriegsverbre- cher“ bezeichnete. Schließlich erfolgte eine Eingabe beim Landesschulrat für Kärnten, in der gegen die Aktivitäten der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen Protest erhoben und der Di- rektor des BG und BRG Völkermarkt zur Stellungnahme aufgefordert wurde. 11 Anfang April 1976 unterrichtete Hermann Langbein Unterrichtsminister Fred Sinowatz von den Vor- kommnissen in Kärnten und plädierte abermals für eine umfassendere Aufklärung der ös- terreichischen Schuljugend unter Hinzuziehung von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen im Rah- men des Zeitgeschichteunterrichts. 12 Zu diesem Zeitpunkt hatte das Comité International des Camps bereits mit der Vorbe- reitung einer internationalen Konferenz begonnen, die von 22. bis 25. April 1977 in Wien stattfinden und darüber beraten sollte, wie die Jugend am wirkungsvollsten gegen neona- zistische und rechtsextremistische Propaganda zu schützen sei. Zentrale Frage war, wodurch man bestehende Informationslücken schließen könne, die es rechtsextremer Pro- paganda ermögliche, die Verbrechen des NS-Regimes zu verharmlosen oder gar komplett zu leugnen. Um die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen, wurde die Kommission zum Studium des Neofaschismus gegründet. Bereits im Vorfeld der Tagung hatte das Unterrichtsministerium ein Rundschreiben her- ausgegeben, welches auf die Möglichkeit verwies, Referentinnen und Referenten im An- schluss an die Tagung, am 26. und 27. April 1977, als Vortragende an Schulen, Pädagogische und Berufspädagogische Akademien und Institutionen einzuladen. Zahlreiche Schulen in ganz Österreich machten davon Gebrauch, das Echo war positiv. Daran galt es nun anzu- knüpfen, und in Unterrichtsminister Fred Sinowatz fand Hermann Langbein einen ver- ständnisvollen Kooperationspartner auf Ebene des Ministeriums. Der Referentenvermittlungsdienst zur Zeitgeschichte Bereits am 30. September 1977 wurde Hermann Langbein zu einer Unterredung mit Leo- pold Rettinger und Kurt Scholz von der Abteilung für Politische Bildung im Unterrichtsmi- nisterium eingeladen. Das Ministerium stand der Vermittlung von Referentinnen und Refe- renten an Schulen in den Monaten März bis Mai 1978 grundsätzlich positiv gegenüber. Man einigte sich darauf in Wien, Linz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt Kontaktstellen für interessierte Schulen einzurichten. 13 Mit 15. März 1978 erging ein Erlass an die österrei- chischen Schulen, dass von März bis Mitte Juni 1978 die Möglichkeit bestehe, Referentin- nen und Referenten für Vorträge und Diskussionen zur österreichischen Zeitgeschichte an Schulen einzuladen. 14 Da die Arbeit der Referentinnen und Referenten jedoch nicht mit dem Schuljahr 1977/78 enden sollte, wurde für 17. Juni 1978 eine weitere Besprechung im Unterrichtsministerium angesetzt, die dem Erfahrungsaustausch gewidmet war. Von besonderem Interesse waren
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