Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

60 6.2 Armut in Österreich und international Auch in den reichsten Industriestaaten tritt das Problem der Verarmung auf. Der Rückbau der Wohl- fahrtsstaaten macht Armut wieder zunehmend sicht- und spürbar. Unter Armut kann verstanden wer- den: Ú Absolute Armut: Die verfügbaren Mittel reichen kaum zum physischen Überleben aus. Bei dieser Art von Armut handelt es sich um das physiologische und damit eindeutig bestimmbare Existenz- minimum. Diese Armut ist losgelöst vom allgemeinen Lebensstandard der Bevölkerung. Diese Menschen müssen permanent um ihr Überleben kämpfen. Als absolut arm werden Menschen bezeichnet, denen weniger als 1,25 US-$ pro Tag zur Verfügung steht. Die meisten der 1,4 Milliarden Menschen, die in diese Kategorie fallen, haben weniger als einen Dollar zur Verfügung. Sie besitzen oft überhaupt kein Bargeld und versuchen vom Ertrag ihres Grund und Bodens zu leben. Absolute und relative Armut Anteile Relative Armut in Österreich Bevölkerung Armutsgefährdung (weniger als 60% des Medianeinkommens) Manifest arm Quelle: UNCSD, Zahlen Sozialministerium, Statistik Austria Anteile Weltweit absolute Armut Bevölkerung Große Armut (weniger als $ 2,00/Tag) Absolute Armut (weniger als $ 1,25/Tag) 47% 26% 14% 5% Ú Relative Armut: Die verfügbaren Mittel reichen nicht aus, um ein von der Gesellschaft als normal angesehenes Leben zu führen. Dieser Sichtweise liegt die Annahme zugrunde, dass Armut im Ver- gleich zum allgemeinen Lebensstandard der Bevölkerung zu sehen ist. Ú Armutsgefährdung (Armutsgrenze): Für den EU-Raum wurde (beim Europäischen Rat von Laeken 2001) eine einheitliche Definition der Armutsgrenze beschlossen: Arm ist ein Haushalt demnach, wenn sein pro Kopf gewichtetes Einkommen unter 60% des Medianeinkommens liegt. Die Gewich- tung bedeutet, dass der erste Erwachsene im Haushalt als 1 Gewichtsanteil, der zweite als 0,5 Ge- wichtsanteil und jede Person unter 14 Jahren als 0,3 Gewichtsanteil gilt, dann folgt das Gesamtein- kommen des Haushaltes. Die Armutsgefährdungsschwelle wird beispielsweise bei einem Haushalt mit zwei Erwachsenen und einem Kind mit 1,8 gewichtet. Das entspricht einem Betrag von 25.584 EUR pro Jahr (oder 2132 EUR pro Monat). In Österreich sind mehr als 14% der Bevölkerung – d.h. rund 1,2 Millionen Menschen – armutsgefährdet (Zahlen für 2016, Statistik Austria). Das Medianeinkommen oder mittlere Einkommen entspricht jenem Wert, der in der Mitte der Ver- teilung liegt (50 Prozent haben mehr, 50 Prozent haben weniger) – ist also nicht gleichbedeutend mit dem Durchschnittseinkommen. Wenn die Einkommen der Einkommensstärksten steigen, steigt zwar das Durchschnittseinkommen, das Medianeinkommen bleibt aber gleich. Eingerechnet wer- den beim Medianeinkommen Erwerbseinkommen, Pensionen, Sozialleistungen und Unterhalts- zahlungen – Steuern und Abgaben werden abgezogen. 2015 lag das Medianjahreseinkommen bei 26.678 EUR brutto (Statistik Austria 2016). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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