Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

287 Überblick der Ideengeschichte der Volkswirtschaftslehre Kritikpunkte an der klassischen Theorie: Die klassische Theorie gilt nur für einen ganz speziellen Fall, der in der Wirklichkeit nicht vor- kommt: • Löhne werden in der Wirklichkeit nicht gänzlich frei zwischen Arbeitnehmern und Arbeitge- bern ausgehandelt, sie sind insbesondere nach unten nicht flexibel. • Das Angebot schafft sich keineswegs selbst die Nachfrage, vielmehr bestimmt die Nachfrage das Angebot. • Die Frage, ob Wirtschaftssubjekte eher konsumieren oder sparen wollen, hängt nicht vom Zins, sondern vor allem vom Einkommen ab. • Die Ersparnisse werden nicht vollständig am Geldmarkt angeboten, sondern es wird Geld gehalten. Investitionen der Unternehmer/innen hängen vor allem von ihren Erwartungen betreffend die Zukunft ab. Das Problem der großen Depression aus Keynes’ Sicht Keynes sah als Folge der großen Depression das Problem vor allem in der Unterbeschäftigung. Ausgangslage: Hohe Arbeitslosenzahlen lassen die Nachfrage sinken. è Pessimistische Zukunftserwartungen auf Seiten der Unternehmer/innen è Unternehmer/innen investieren nicht, sondern setzen weitere Arbeitnehmer/innen frei. è Die Nachfrage sinkt weiter. è Unternehmer/innen sehen ihre negativen Erwartungen bestätigt und verstärkt. Aufgrund dieses Zusammenhangs könne die Volkswirtschaft, so Keynes, lange Zeit unter ihren Möglichkeiten produzieren. Dies sei die Erklärung für das Ausbleiben eines erneuten Auf- schwungs nach 1929. In seinem berühmtesten Zitat wendet sich Keynes schließlich ganz dezidiert gegen das von den Klassikern verlangte Nichteingreifen des Staates: „Die lange Sicht ist ein irreführender Ratgeber in gegenwärtigen Angelegenheiten. Auf lange Sicht sind wir alle tot. Die Volkswirt- schaftslehre macht es sich zu leicht und ihre Aufgabe wertlos, wenn sie uns in stürmischen Zeiten nur sagen kann, dass der Ozean wieder ruhig wird, nachdem der Sturm vorüber ist.“ (aus „A Tract on Monetary Reform“, 1923, Kapitel 3). Von nun an sind Ökonomen und Ökono- minnen zum Handeln aufgefordert. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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