Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

275 Überblick der Ideengeschichte der Volkswirtschaftslehre Thomas von Aquin (1225–1274 n. Chr.) Im Mittelalter (500–1500 n. Chr., zwischen „Völker- wanderung“ und „Entdeckungen“) findet sich kein volkswirtschaftliches System. Bei Thomas v. Aquin stehen ethisch-religiöse Forderungen im Mittelpunkt, die Wirtschaft hat diesen zu dienen. Alle Güter stehen letztlich im Eigentum Gottes, Privateigentum gibt es nur äußerlich. Menschen können Güter erwerben und sie gebrauchen, um sich hinaufzuringen zum ewigen Glück. Geld hat nur die Aufgabe, den Tausch zu erleichtern. Jede Zinsnahme wurde als moralisch verwerflich angesehen. Das Einkommen sollte standesgemäß sein und der Einzelne sich dem Gemeinwohl unterordnen. Merkantilismus (17.–18. Jahrhundert) Der Merkantilismus (frz.: kaufmännisch) ist das ökonomische Gegenüber zum politischen Absolutismus. Ziel ist die Stärkung der Macht des Nationalstaats durch die Steigerung der Staatseinnahmen. Der Handel erscheint als die wichtigste Quelle des Reichtums. Der wachsende internationale Handel wird als eine Art Verdrängungswettbewerb aufgefasst, in dem Gewinne des einen Staates nur auf Kosten der anderen möglich sind. Der Grundgedanke ist daher die Schaffung einer aktiven Handelsbilanz. Um das zu er- reichen, wurde der eigene Export von Fertigwaren gefördert und die Einfuhr von ausländischen Fertigwaren verboten. Man importierte Rohstoffe und verbot den Ex- port von eigenen Rohstoffen. Alle anderen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, wie die allgemeine Gewerbeförderung, die Errichtung staatlicher Manufakturen (vorerst zur Waffenerzeugung, dann von höfischem Luxus wie Porzellan-, Spitzen- und Gobelinerzeugung), die Förderung des Bevölkerungs- zuwachses zur Vergrößerung der Zahl arbeitender Menschen, Ausbau des Wegenetzes und Kolonialisierung anderer Länder (zur Beschaffung billiger Rohstoffe und „Sklaven“) dienten diesem Zweck. Physiokratismus (18. Jahrhundert) Als Chirurg schaffte es François Quesnay (1694 – 1774) zum Leibarzt von König Ludwig XV. Als direkte Gegenbewegung zum Merkantilismus entwickelte er das Konzept der Physiokraten (= Herrschaft der Natur). Für Physiokraten ist nicht die gewerbliche Tätigkeit und die staatlich geförderte Güterausfuhr ins Ausland, sondern die Produktion der Landwirtschaft die Quelle des Wohlstandes. Die Physiokraten formulierten das Urbild des wirtschaftlichen Liberalismus. Sie gingen davon aus, dass die menschliche Wirtschaft nach dem Vorbild der Naturprozesse funktioniere. Überlässt man die Wirtschaft dieser Naturordnung, so kommen alle Kräfte ins Gleichgewicht und führen zum bestmöglichen Zustand. Einen bleibenden Beitrag hat Quesnay auf methodischem Gebiet geleistet. Er entwarf die erste Gesamtdarstellung eines volkswirtschaftlichen Kreislaufs nach dem Modell des Blutkreislaufs der Menschen. Aristoteles (384–322 v. Chr. ) Der antiken Wirtschaft mit Sklavenhaltung, Seehandel und entsprechenden Reichtümern weist Aristoteles eine untergeordnete Aufgabe gegenüber dem Staat und der Religion zu. Aller Reichtum hat nur den höheren Gütern zu dienen. Eine volkswirtschaftliche Systematik gab es in der Antike noch nicht, gesamtwirt- schaftliche Fragen wurden nur im theologischen Zusammenhang erörtert. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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