Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

259 Internationale Wirtschaft Welche Ursachen beeinflussen die Bildung flexibler Wechselkurse? Abgesehen von bewusster Ein- flussnahme („Floaten“) bilden sich flexible Wechselkurse aufgrund von Angebot und Nachfrage auf den Devisenmärkten. Es lassen sich verschiedene Faktoren unterscheiden, die, jeder für sich allein oder auch in Kombination, für den Wechselkurs bestimmend sein können. Es können folgende Ein- flussfaktoren der Wechselkursbildung unterschieden werden: Entwicklung des Außenhandels, Zins- veränderungen zwischen Ländern, die zu Kapitalab- bzw. Kapitalzuflüssen führen, Inflation und psy- chologische bzw. politische Gründe. Da diese Faktoren gegenläufige Wirkungen haben können, ist die genaue Vorhersage von Wechselkursbewegungen in der Praxis schwierig: Langfristig – die absolute Kaufkraftparitätentheorie: besagt, dass das Wechselkursgleichgewicht bei jenemWert liegt, der erlaubt, dass mit einem gegebenen Geldbetrag im Ausland die gleiche Menge an Gütern und Dienstleistungen (also der gleiche Warenkorb) bezogen werden kann wie im Inland. Liegt der Preis eines Warenkorbes im Euroraum bei 500,00 EUR, in den USA aber bei 1.000 USD, so liegt der Wechselkurs gemäß der Kaufkraftparitätentheorie langfristig bei 2 USD/EUR. Liegt zugleich der aktu- elle Wechselkurs des EUR zum USD z. B. bei 1,5 USD/EUR, so ist der EUR „unterbewertet“, er wird daher gegenüber dem USD langfristig auf 2 USD/EUR aufgewertet. Langfristig ergibt sich daher der Wech- selkurs zweier Währungen aus dem Quotienten des Auslandspreisniveaus durch das Inlandspreis- niveau (R = P Ausland /P Inland ). Langfristig – die relative Kaufkraftparitätentheorie: besagt, dass sich langfristig die Änderung des nominellen Wechselkurses aus der Differenz der Inflationsraten ergibt. Stärkeres Steigen des Preisni- veaus im Ausland (eben höhere Inflation) führt also längerfristig zum Steigen des nominellen Wech- selkurses, d. h., die Inlandswährung wird gegenüber der Auslandswährung aufgewertet. Mittelfristig – der Konjunkturzyklus: Stärkeres Wirtschaftswachstum im Inland als im Ausland bewirkt steigende Einkommen und verstärkte Nachfrage (Konsum, Investitionen) im Inland. Dies führt zu ver- stärkten Importen und mehr Auslandsreisen. Da man hierfür Auslandswährung benötigt, wird diese verstärkt nachgefragt und die Inlandswährung verstärkt angeboten. Daher wird die Inlandswährung gegenüber der Auslandswährung abgewertet. Starkes Wachstum bei ausländischen Handelspartnern wirkt genau umgekehrt, die Inlandswährung wird aufgewertet. Hier ergibt sich der Zusammenhang zwischen Wechselkurs und Leistungsbilanz: Ist die Leistungsbilanz ständig negativ, so wird ständig die Inlandswährung verstärkt angeboten, sie wird daher stetig abwerten. Kurzfristig – die Zinsparitätentheorie: ergibt sich aus dem rationalen Verhalten der Anleger/innen, die – falls sie im Ausland veranlagen wollen – einerseits die Zinsen im Ausland mit jenen im Inland verglei- chen und andererseits das Risiko einer Abwertung der Auslandswährung beachten müssen. Wird eine Abwertung der Auslandswährung erwartet, so müssen die Zinsen im Ausland daher entsprechend höher als im Inland sein, um die Anleger für die erwarteten Wechselkursverluste zu entschädigen. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, wird das Anlegerverhalten (verstärkt im Inland oder verstärkt im Aus- land) so lange zu Veränderungen von Nachfrage bzw. Angebot der betroffenen Währungen führen, bis die Bedingung der Zinsparitätentheorie wieder erfüllt und das Gleichgewicht somit wieder hergestellt ist. Ultrakurzfristig – die Spekulation: Besonders kurzfristig auf den Wechselkurs wirken Devisenkäufe und -verkäufe, die aus Gründen der Spekulation erfolgen. Wird (etwa wegen politischer Ereignisse) die Abwertung einer Währung befürchtet, so werden Investoren aus dieser Währung in eine „sichere“ Währung „flüchten“. Die sichere Währung wird dadurch verstärkt nachgefragt, die unter Druck gerate- ne Währung dagegen mehr angeboten. Diese Währung wird nun gegenüber der sicheren Währung erst recht (stark) abgewertet! ARBEITSAUFGABE 13: Wechselkurse Ein Land hat einen starken Einbruch der wirtschaftlichen Entwicklung. Wie wirkt sich dies auf seinen Wechselkurs aus? Begründen Sie Ihre Entscheidung. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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