Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

246 Wirtschaftstheoretische Überlegungen zur internationalen Arbeitsteilung Adam Smith hat bereits im 18. Jahrhundert mit seiner Theorie der abso- luten Kostenunterschie- de auf die Vorteile von internationaler Arbeits- teilung und Handel hin- gewiesen. Jedes Land soll jene Produkte herstellen, die es am kostengüns- tigsten produzieren kann. David Ricardo hat einige Jahre nach Smith die Theorie des relativen Kostenunterschieds bzw. der komparativen Kos- tenvorteile entwickelt. Internationale Arbeitstei- lung kann auch dann für alle Seiten vorteilhaft sein, wenn ein Land alle Güter kostengünstiger produzieren kann als das andere, soweit die relativen Kostenvorteile sich unterscheiden (siehe Grafik „Historisches Beispiel zum relativen Kostenvorteil nach Ricardo zwischen England und Portugal“). Für die Produktion einer Einheit Wein benötigt man in Portugal 80 Arbeitsstunden und in England 120 Stunden und für eine Einheit Tuch 90 bzw. 100 Arbeitsstunden. Auf den ersten Blick sieht man, dass Portugal beide Güter kostengünstiger herstellen kann. Um nun die Vorteile der internationa- len Arbeitsteilung aufzuzeigen, müssen die Kosten der Produktion zueinander in Beziehung ge- setzt werden. Bei Wein zeigt sich ein Kostenverhältnis der Produktion von 8 : 12 bzw. 2 : 3 und bei Tuch von 9 : 10, d. h., der relative (= komparative) Vorteil beimWein ist für Portugal größer. Portugal sollte sich deshalb auf Wein und England auf Tuch spezialisieren. Die Abbildung zeigt den Arbeits- aufwand für je eine Einheit Wein und Tuch für die Alternativen „autarker Zustand“ (Selbstversorger) und „Spezialisierung“. Bei Autarkie wendet England für die Produktion einer Einheit Wein 120 Ar- beitsstunden und für Tuch 100 auf, d. h. in Summe 220. Bei Spezialisierung auf Wein können zwei Einheiten von je 100, in Summe 200 hergestellt werden, d. h., es besteht ein Vorteil von 20 Arbeits- stunden für die Spezialisierung. Für Portugal ergeben sich bei der Autarkie-Variante 170 Arbeits- stunden und bei der Spezialisierung 160, das ist ein Vorteil von 10 Arbeitsstunden. Der Vorteil des internationalen Handels liegt darin, dass Preisvorteile für Waren und Dienstleistun- gen in anderen Ländern zur Steigerung des Einkommens im eigenen Land führen. Es ist somit sinnvoller, auf die Produktion im eigenen Land zu verzichten und Waren aus jenem Land zu impor- tieren, in welchem diese günstiger hergestellt werden können. Die eigenen Produktionsmittel stehen dann für die Schaffung solcher Güter zur Verfügung, die im eigenen Land günstiger zu produzieren sind. Der Außenhandel nach Ricardo setzt aber voraus, dass es keine Zölle gibt, wel- che die Preisvorteile des Auslands ausgleichen könnten. Kritik an der Lehre Ricardos erfolgte Ende des 20. Jahrhunderts durch das Stolper-Samuelson- Theorem. Der amerikanische Ökonom Paul Samuelson erkannte, dass sich die Weltwirtschaft zu offenen, miteinander kommunizierenden Gefäßen entwickelt. Im Laufe der Zeit werden sich welt- weit die Kosten der Produktionsfaktoren angleichen. Das führt zur Stagnation der Löhne in den Industrieländern und zum Anwachsen der Löhne in den Entwicklungsländern. Samuelson bezwei- felt das Ansteigen der Löhne am Weltmarkt. Das Gleiche gilt für die Kapitalkosten. Arbeitsaufwand bei Spezialisierung 200 Std. 20 Std. Arbeitsaufwand bei Spezialisierung 160 Std. 10 Std. Arbeitsaufwand bei Autarkie 220 Std. Arbeitsaufwand bei Autarkie 170 Std. andere Güter andere Güter Portugal England Beitrag zur inländischen Güter- versorgung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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