Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

238 Szenario 5: Supermacht Europa Im Szenario „Supermacht Eu- ropa“ wird das große Europa seinem objektivenWeltmacht- potential gerecht. Die Euro- päische Union nutzt ihre ma- teriellen und institutionellen Ressourcen in vollem Um- fang. Wirtschaftliche Leis- tungsfähigkeit, Bevölkerungs- zahl, militärisches Potential und das europäischeWertesys- tem bieten ihr eine beachtli- che Handlungsbasis. Eine lineare Integrationsent- wicklung im Sinne kontinuier- licher Reformerfolge prägt die Union der Zukunft. Die zu- nehmende Transparenz im EU-System sowie die Fähig- keit, den internen und inter- nationalen Herausforderungen auf Unionsebene gerecht zu werden, wirken sich positiv auf die Akzeptanz der Union bei den Bürgern und Bürgerin- nen aus. Die zunehmendeVer- netzung der Gesellschaften fördert die öffentliche Ausein- andersetzung mit europäi- schen Themen. Der Aufbau in- termediärer Strukturen (Medien, Nichtregierungsor- ganisationen) führt zur Etab- lierung einer gesamt- europäischen Öffentlichkeit als Grundlage einer europäi- schen Zivilgesellschaft. Auf der Basis eines wachsenden „Wir-Gefühls“ im Kontext ei- nes Europas der Bürger/innen entwickelt sich die EU stetig in Richtung einer politischen Union. Gesamteuropäische Bürgerinitiativen und die Ko- operation subnationaler Ge- bietskörperschaften tragen zu einer Europäisierung von un- ten bei. Die Union nähert sich unter Einschluss aller Mit- gliedstaaten dem Finalitätsziel einer Staatswerdung Europas. Im Zuge der Integrationsent- wicklung übertragen die Mit- gliedstaaten weit reichende Kompetenzen an die Union. Alle zentralen Politikbereiche (Innen-, Außen-, Verteidi- gungs-, Sozial- undWirtschafts- politik) werden unter strikter Beachtung einer Europäischen Verfassung vergemeinschaftet. Der Gedanke der Solidarität und das Ziel der Angleichung der Lebensverhältnisse führen dazu, dass der Union immer mehr Kompetenzen übertra- gen werden. Insgesamt wird der europäischen Ebene eine höhere Problemlösungsfähig- keit zugeschrieben als den zum Teil reformunfähigen National- staaten. Der Geschichte und den Traditionen ihrer einzel- nen Mitgliedstaaten und Regi- onen folgend haben das Staats- verständnis und das Regierungssystem der Super- macht Europa eine eigene Qualität. Das Prinzip der Gewaltentei- lung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative wird zum prägenden Muster des po- litischen Systems Europas. In einem klar geregelten System der gegenseitigen Kontrolle der Machtausübung verfügt die Kommission über regierungs- spezifische Exekutivbefugnisse. Der Kommissionspräsident wird direkt von den europäi- schen Bürgern und Bürgerinn- nen gewählt. Im Zuge einer vollkommenen Parlamentari- sierung werden beide Häuser, das Europäische Parlament und die Europäische Staatenkam- mer (bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten), mit sämt- lichen gesetzgeberischen Rech- ten ausgestattet. Die judikative Kontrolle unterliegt uneinge- schränkt dem Europäischen Gerichtshof. Im Kontext einer klar geregelten Finanzverfas- sung verfügt die Europäische Union über eigene steuerfinan- zierte Finanzressourcen. Karikatur: Tibor Kaján, Budapest 1990 Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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