Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

234 Szenario 3: Methode Monnet Im Szenario „Methode Mon- net“ setzt sich die künftige Entwicklung der Europäi- schen Union nach dem Muster der vergangenen Jahrzehnte fort. Die EU wird den internen und externen Herausforderungen im Zusammenhang mit weite- ren Erweiterungen und den Veränderungen der internatio- nalen Politik und Ökonomie nur teilweise gerecht. Die not- wendige weitere Substanzre- form der EU scheitert wie auch bei früheren Versuchen. Die Mitgliedstaaten sind le- diglich fähig, Symptome der politischen Handlungsunfä- higkeit Europas zu kurieren, ohne an die Wurzel des Prob- lems zu gelangen. Die Hand- lungsfähigkeit, die Qualität der institutionellen Führungs- strukturen sowie die Basis de- mokratischer Legitimität wer- den nicht entscheidend verbessert. Nachdem der institutionelle Quantensprung ausgeblieben ist, richten sich entsprechend der „alten Logik“ erneut alle Hoffnungen auf eine weitere Regierungskonferenz. Wie bei den früheren Reformanstren- gungen beteuern Politiker/in- nen, dass aufgrund des erheb- lichen Handlungsdrucks eine Fundamentalreform der Euro- päischen Union unumgänglich erscheint. Doch erneut erweist sich die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nen- ner als das bestimmende Mus- ter eines schleppenden Integ- rationsprozesses. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass sich die Interessensunterschie- de und Verteilungskonflikte im Zuge der Bewältigung der Finanzwirtschaftskrise erheb- lich verschärft haben. Insge- samt wirkt das System EU le- thargisch, aber dennoch nicht gelähmt. Trotz ihrer Schwächen zerfällt die Europäische Union nicht. Der Binnenmarkt, das Schen- gen-Regime, die Währungsuni- on sowie das Bewusstsein, dass der europäische Integrations- prozess dem alten Kontinent Frieden und Stabilität beschert hat, halten die Union zusam- men. Den Regierungen, Parla- menten und Parteien, aber auch den Bürgerinnen und Bürgern ist bewusst, dass es keine ernsthafte Alternative zur EU gibt. Europakritische Kräfte, vor allem am nationa- listischen Rand des politischen Spektrums, können nicht nach- haltig von den Schwächen des EU-Systems profitieren. Den Bürgern, Bürgerinnen und den Vertretern der organisierten Zivilgesellschaft ist bewusst, dass die Ursachen für die drän- genden Probleme der europäi- schen Gesellschaften nicht aus- schließlich bei der EU zu suchen sind: Nicht die EU, son- dern die Mitgliedstaaten selbst sind verantwortlich für die an- haltende Lähmung der europä- ischen Volkswirtschaften, die hohen Arbeitslosenraten in ei- nigen Mitgliedstaaten oder die Unfähigkeit, die sozialen Si- cherungssysteme an die Gege- benheiten einer alternden Ge- sellschaft anzupassen. In dieser Situation wird die Kommission als eine neutrale, unpolitische Hüterin der Verträge zuneh- mend als Modernisierungsmo- tor auf europäischer Ebene wahrgenommen. Es ist die Los- gelöstheit vom politischen Ta- gesgeschäft dieser nicht den Parteien und den Interessen- gruppen verpflichteten Verwal- tung, die den langsamen, aber dennoch kontinuierlichen Fort- schritt des öffentlichen Lebens in der EU verwaltet und orga- nisiert. Quelle: Europäische Kommission Deutschland Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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