Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

231 Europäische Wirtschaft Die zunehmende Handlungs- unfähigkeit der Union macht erzielte Integrationserfolge zunichte. EU-Reformversuche schlagen mehrmals fehl. Da- durch stellen die Unionsmit- glieder die Grundlagen für gemeinsames europäisches Handeln in Frage. In der Folge beenden die Mitgliedstaaten nicht nur den Transfer weite- rer Zuständigkeiten an die EU, sie bemühen sich vielmehr um die Rückverlagerung auf die nationale Ebene. Externe Herausforderungen in Form neuer globaler Konflik- te können im Verbund einer schwachen EU nicht bewältigt werden. Die Mitgliedstaaten sind nicht fähig, sich in fun- damentalen sicherheitspoli- tischen Fragen, wie dem Ein- satz militärischer Mittel in bestimmten Krisenregionen oder der strategischen Be- deutung der transatlantischen Sicherheitsarchitektur, zu ei- nigen. Die Ambitionen für die Verwirklichung einer weltpo- litischen Akteursrolle der Eu- ropäischen Union werden nur noch von einer Minderheit der Mitgliedstaaten und Bürger/ innen geteilt. Eine Renatio- nalisierung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik steht am Ende des geschei- terten Versuchs. Die Mitglied- staaten kehren zur Ad-hoc- Koalitionenbildung außerhalb der EU zurück, nicht zuletzt, um den weltpolitischen Si- cherheitsherausforderungen eines von Staaten dominierten internationalen Systems ge- recht zu werden. Die innen- und außenpoliti- schen Divergenzen führen am Ende des Zerfallsprozesses zu unüberwindbaren Interessens- kollisionen. Die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten werden von wechseln- den Koalitionen und einer ausgeprägten Machtpolitik vergangener Tage bestimmt. Die verbleibenden supranati- onalen Handlungsinstrumen- te und Institutionen erweisen sich letztlich als politisch zu schwach, um der Auflösung der Union entgegenwirken zu können. Sie ist nicht mehr in der Lage, ökonomische und politische Reformerfolge in den Ländern der Peripherie Europas durch deren Heran- führung an die Union zu ho- norieren. Folglich geraten die Transformationsprozesse in der Ukraine, in Weißrussland und in Südosteuropa in Ge- fahr. Dadurch geht die Bedeu- tung dieser Länder als Sicher- heitspuffer für die EU verloren und die Stabilität Europas ge- rät in Gefahr. Die politische Krise hat auch negative Folgen für die Rolle Europas als glo- baler Wirtschaftsakteur. Am schwersten wirkt der Verlust der ehemals gemeinsam mit den Vereinigten Staaten aus- geübten Vormachtstellung im Rahmen der Welthandelsorga- nisationWTO. Mit dem Ende der europä- ischen Integration löst sich auch die Währungsunion auf. Das Symbol der Einheit Euro- pas, der Euro, wird abgeschafft und nationaleWährungen wer- den wieder eingeführt. Man- gelnde finanzpolitische Kon- tinuität und heftige monetäre Turbulenzen im internationa- len Weltwährungssystem sind die Folge. Titanic „Integrat Legende: „Integrationsreichweite“ = Anzahl der beteiligt „Integrationstiefe“ = Anzahl der vergemeinsch Szenarienübersicht Of Gravita Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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