Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

186 Konjunkturtheorien Keynesianische Konjunkturtheorie: Die bekannteste Konjunkturtheorie des 20. Jahrhunderts stammt vom Ökonomen J. M. Keynes. Eine Volkswirtschaft wird dann wachsen, wenn die Gewinnerwartungen der Unternehmer/innen groß sind und diese bereit sind, zu investieren. Die Investitionsentscheidungen hängen vom Grenzertrag des Kapitals und dem jeweiligen Geldzins ab (Hang zur Investition). Die Nachfrage hängt von Sparguthaben und Konsumneigung ab (Hang zum Kon- sum und Sparen). Ist der marginale Wert des Investierens höher als der marginale Wert des Konsumie- rens, so wird eine Volkswirtschaft wachsen. Andernfalls wird sie schrumpfen. Sollten Unternehmer/ innen wegen schlechter Gewinnerwartungen nicht investieren, müsste der Staat Investitionen tätigen. Die Mittelbeschaffung für eine keynesianische Konjunkturpolitik erfolgt durch die Bildung eines Kri- senfonds in Boomzeiten, sonst durch Kredite. Ein wichtiges Ziel des Staates müsste die Erhaltung der Vollbeschäftigung sein. Zur Überwindung einer Krise und zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung könnte auch ein Budgetdefizit akzeptiert werden, damit mit Hilfe der Multiplikatorwirkung die Krise überwunden werden kann (antizyklische Konjunkturpolitik, vgl. dazu Ideengeschichte der Volkswirt- schaftslehre). Innovationstheorie: Der Ökonom Joseph Alois Schumpeter (vgl. Ideengeschichte – Schumpeter) be- tonte die dynamische Funktion des Wettbewerbs. Im Zentrum dieser Theorie stehen „Pionierunter- nehmer“, die durch Innovationen Marktanteile erobern können und Bewegung in den Markt bringen. Die Konkurrenz, welche die Neuerung imitiert, verbreitet die innovativen Verbesserungen auf dem gesamten Markt, dessen Sozialprodukt dadurch steigt (Bienenschwarmeffekt). Betrachtet man das Wirtschaftswachstum über einen längeren Zeithorizont (Jahrzehnte), kann man wiederkehrende Schwankungen beobachten. Schumpeter betonte auch – basierend auf den Erkennt- nissen des russischen Ökonomen Nikolaj Kondratieff (1892–1938) – die Bedeutung von sogenannten Basisinnovationen als Auslöser eines „Konjunkturzyklus“ (im Gegensatz zu Kondratieff, der die neuen Techniken als Folge der langen Wellen und nicht als deren Ursache sah). Kondratieff-Zyklen Basisinnovationen und ihre wichtigsten Anwendungsfelder Dampfmaschine, Textilindustrie Bekleidung 1. Kondratieff Eisenbahn, Stahl Transport 2. Kondratieff Chemie, Elektrotechnik Massenkonsum 3. Kondratieff Petrochemie, Auto, TV Mobilität 4. Kondratieff Informations- technik Kommunikation 5. Kondratieff Biotechnologie Energiequellen Gesundheit, Energie 6. Kondratieff 1800 1850 1900 1950 1970 20.. Basisinnovationen sind Auslöser und Wegbereiter für viele neue Innovationen. In den letzten 250 Jahren können fünf Kondratieff-Zyklen beobachtet werden (siehe Grafik), der Beginn eines sechsten Kondratieff-Zyklus wird diskutiert. Alle bisher aufgezählten Gründe für Konjunkturschwankungen beziehen sich auf ca. 3- bis 7-jährige Wellen. Die Existenz langfristiger Wellen (wie bei Kondratieff) wird kritisch diskutiert. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=