Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

162 Angebotsinflation Hier wird die Ursache für die Inflation wiederum in der Realwirtschaft, allerdings auf Seiten des Ange- bots, gesehen. Diese Form der Inflation wird auch als „Kosteninflation“ bezeichnet. Den Anstoß gibt eine plötzliche Verknappung eines Gutes, z. B. eines wichtigen Rohstoffes (wie bei- spielsweise Erdöl). Dies führt zu Preissteigerungen bei jenen Gütern (z. B. Benzin), für deren Herstel- lung und Absatz das plötzlich verknappte Gut direkt oder indirekt notwendig ist, und führt damit zu Inflation. Für ihre weitere Verbreitung sorgen wieder die „Zweitrundeneffekte“: Die Lohn-Preis-Spirale dreht sich, die Inflation verstärkt sich. Es muss aber nicht ein verknappter Rohstoff sein, der den Anstoß zur Angebotsinflation gibt: Auch ein importiertes Gut kann im Preis gestiegen sein, etwa wegen starker Preiserhöhungen – oder hoher Inflation! – im Ursprungsland; man spricht dann auch von „importierter“ Inflation. Aber auch bei den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen kann die Ursache für das Entstehen von Angebotsinflation liegen: Wenn sie Lohnerhöhungen fordern, die neben der Abgeltung für eine etwa bestehende (nied- rige) Inflation eine Lohnsteigerung vorsehen, die über der Produktivitätssteigerung liegt, werden die Arbeitgeber/innen diese übermäßigen Lohnerhöhungen im Wege der Preise weitergeben (müssen). Im nächsten Jahr ist die Inflation daher gestiegen, die Arbeitnehmer/innen verlangen eine entspre- chend höhere „Inflationsabgeltung“ und noch mehr realen Lohnzuwachs – und die Preise (und Löhne) steigen weiter und weiter. Inflation in Österreich In Österreich und auch in Deutschland traten in der Zwischenkriegszeit (1920er und 1930er Jahre) extreme Inflationsperioden, genannt „Hyperinflationen“, auf. Der Grund hierfür lag darin, dass der Staat aufgrund des verlorenen Ersten Weltkriegs hohe Schulden (Reparationszahlungen), aber kaum Möglichkeiten hatte, durch Steuern an Geld zu kommen. Der Staat druckte daher Geld, um seine Schulden zu begleichen. Freilich bestanden ausländische Kreditoren dann auf Begleichung der Schulden in einer anderen Währung oder in Gold. Jene Wirtschaftssubjekte (meist die eigenen Staatsangehörigen), die Staatsanleihen oder sogenannte „Kriegsanleihen“ gezeichnet hatten (bzw. zeichnen mussten), verloren jedoch auf diese Weise ihr Kapital. In jüngerer Zeit kam es in Österreich vor allem in den 1970er Jahren durch die Ölkrise zu höherer Inflation: Die auch seither nicht mehr erreichte hohe Inflationsrate von 1974 lag bei 9,5 %. Die Öl- krise wurde durch den arabisch-israelischen Krieg ausgelöst; die Organisation der Erdöl exportie- renden Länder (OPEC) drosselte bewusst die Fördermengen, um die westlichen Staaten wegen ih- rer Unterstützung für Israel unter Druck zu setzen. Inflation (VPI) in Österreich 1955–2017, Quelle der Zahlen: Statistik Austria 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1955 1957 1959 1961 1963 1965 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 Jahr Inflationsrate (gegenüber Vorjahr) 2015 2017 Ölkrise Ölkrise Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=