Volkswirtschaft gestalten, Schulbuch

128 Sozialpolitik in Österreich Die Wurzeln der österreichischen Sozialpolitik liegen im 19. Jahrhundert. Damals stand die Armutsbe- kämpfung im Zentrum der Sozialpolitik. Die Sozialpolitik der 2. Republik findet weitgehend politischen Konsens und wird getragen durch die Regierung, die Interessensvertretungen und die Parteien. Die wichtigsten Eckpfeiler des österreichischen Wohlfahrtsstaats sind die Absicherung gegen soziale Ri- siken (z. B. Einkommensausfall durch Arbeitslosigkeit, Unfall, Ausgaben für Gesundheit, Mutterschaft, Familienlasten, Versorgungspflichten, z. B. Waisen) und die Verbesserung der Chancen jedes Einzelnen. Elemente der Sozialpolitik in Österreich Selbstverwaltende Sozialversicherung für Krankheit, Un- fall, Arbeitslosig- keit und Pension Sekundäre Einkommens- verteilung z. B. Familien- beihilfe Sozialfürsorge insbesondere durch bedarfs- orientierte Mindestsicherung Rechtliche Regelungen z. B. Arbeitnehmer- schutz, Mieter- schutz Die Sozialversicherung für Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit und Pension beeinflusst stark die Lebens- umstände jedes Einzelnen. Im Zentrum der Sozialversicherung steht das Versicherungsprinzip. Perso- nen, die erwerbstätig sind, zahlen in die Sozialversicherung ein und sind auch Leistungsempfänger/ innen. Kinder sind mitversichert (siehe Kap. 3. Generationenvertrag und Link). Um die Einkommensgerechtigkeit zu erhöhen, wird versucht, durch eine Korrektur der primären Ein- kommensverteilung (die über den Markt erfolgt) die Position benachteiligter Personen zu verbessern, z. B. durch Leistungen aus dem Familienlastenausgleichsfond, wie Familienbeihilfe oder Schulbuchak- tion (vgl. Themengebiet Wohlstand & Lebensqualität, Kapitel 5). Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) ist eine Sozialleistung, die zur Bekämpfung der Ar- mut eingesetzt werden soll. Sie ist für Personen vorgesehen, deren eigenes Erwerbseinkommen bzw. das Haushaltseinkommen und deren Vermögen (der Freibetrag ist das Fünffache des monatlichen Leistungsanspruchs) nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Die Höhe im Jahr 2016 betrug für eine Person 837,76 Euro pro Monat, bei Paaren pro Person max. 628,32 Euro. Das BMS ist kein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE), hier würde jeder Mensch einen bestimmten Geldbe- trag bekommen, unabhängig davon, wie viel Einkommen er hat oder ob er in Erwerb arbeiten will oder nicht. Nicht alle Berechtigten nehmen Sozialleistungen in Anspruch. Das liegt neben der Nichtkenntnis der Anspruchsberechtigung auch an dem eventuell damit verbundenen Stigma der sozialen Bedürftigkeit. Rechtliche Regelungen: Neben den Versicherungs- und Transferprogrammen will Sozialpolitik auch durch rechtliche Regelungen verschiedene Risiken der lebens- und Arbeitswelt vorbeugen. TO-DO-ÜBUNG: Soll die Mindestsicherung gekürzt werden? Aufgrund des Anstiegs der Flüchtlingszahl und jener der Arbeitslosigkeit ist die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Diskussion geraten. Die Höhe der BMS wird in den einzelnen Bundesländern festgelegt. Wenn die Zahl der Anspruchsberechtigten steigt, steigen auch die Kosten für die BMS und es wird über eine Kürzung der Höhe der BMS diskutiert. Schauen Sie als Impuls den Film und führen Sie anschließend eine Debatte (siehe TOOL BOX 4) durch. Video Mindestsicherung n4d33c Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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