am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

95 Biodiversität Was eine biologische Art ist, scheint eine einfa- che Frage zu sein: Lebewesen, die charakteristi- sche, gemeinsame Merkmale besitzen, gehören zu einer Art. Dieser morphologische Artbegriff wird traditionell von Biologinnen und Biologen zur Einteilung von Lebewesen benutzt. Meist werden dabei morphologische Merkmale, also Merkmale im Körperbau, verwendet. Aber auch Verhaltensmerkmale können zur Artunterschei- dung herangezogen werden. Bei manchen Lebe- wesen unterscheiden sich allerdings Männchen und Weibchen bereits stark in ihrem Erschei- nungsbild – aber dennoch gehören sie zur selben Art ( k Abb. 6)! Man spricht in diesem Fall von einem Sexualdimorphismus. Der morphologische Artbegriff reicht hier also nicht aus. Der biologische Artbegriff berücksichtigt dies und definiert eine Art als eine Fortpflanzungs- gemeinschaft von Lebewesen, die gemeinsam fruchtbare Nachkommen zeugen können. In der Praxis wird oft eine Kombination von beiden Artbegriffen verwendet, um Grenzen zwischen Arten zu ziehen. Allerdings ist es in freier Natur oft aufwändig festzustellen, wo Fortpflanzungs- gemeinschaften enden, und wo es Reprodukti- onsbarrieren 1 gibt. Eine rein nach morphologischen Kriterien be- schriebene Art bezeichnet man als Morphospezi- es. Besonders in der Paläontologie 2 spielen solche Morphospezies eine wichtige Rolle. Bei ausgestorbenen Arten, die man nur durch Fossi- lien kennt, lassen sich die Grenzen von Fort- pflanzungsgemeinschaften klarerweise nicht mehr feststellen. Es können dann nur mehr morphologische Merkmale verwendet werden. Der morphologische Artbegriff beschreibt eine Art aufgrund gemeinsamer, charakteristischer Eigenschaften – der biologische Artbegriff beschreibt eine Art als Fort- pflanzungsgemein- schaft Abb.6: Sexualdimorphismus beim Pfau. Der Pfauen- hahn ist auffällig blau gefärbt, und besitzt lange Schwanzfedern, mit denen er ein Rad schlagen kann. Die Pfauenhenne ist unauffällig gefärbt, kleiner, und besitzt einen kurzen Schwanz. 5.2 Systematik Glossar 1 Reproduktionsbarriere: Barriere (zB geogra- fische Barriere wie ein Fluss oder Berg), die unterbindet, dass sich Individuen zweier Populationen untereinander fortpflanzen. Können keine fruchtbaren Nachkommen mehr gezeugt werden, spricht man von re- produktiver Isolation. 2 Paläontologie : Wissenschaft, die sich mit dem Leben auf der Erde in der Erdgeschichte beschäftigt. Dabei werden Überreste oder Spuren von Lebewesen, sogenannte Fossilien, analysiert. Aufgabe S 1 In der Paläontologie werden Arten manchmal nur aufgrund einzelner oder weniger Fossilfunde beschrieben. Diskutiere, welchen Einfluss ein Sexualdimorphismus einer ausgestorbenen Art auf die Einteilung haben könnte. Nimm Stellung, zu welchen methodischen Problemen dies für Paläonto- logen und Paläontologinnen führen könnte. Der Artbegriff Lebewesen haben unterschiedlichste Eigenschaften Bereits früh versuchten Biologinnen und Bio- logen Ordnung in die Organismenvielfalt auf der Erde zu bringen. Die Lebewesen, die die Erde bevölkern, könnten in ihren Eigenschaften kaum unterschiedlicher sein. Bärtierchen sind beispielsweise winzige Überlebenskünstler, die häufig in Moospolstern leben. Sie können extreme Umweltbedingungen überdauern und werden nicht einmal einen Milli- meter groß. Blauwale hingegen sind Giganten des Meeres, die bis zu 30m lang werden können. Größenmäßig stellt die Wale jedoch ein Exemplar der Pilzart Gemeiner Hallimasch ( Armillaria ostoyae) im US-Bundesstaat Oregon in den Schatten: Der Pilz durchzieht dort 10 km 2 Wald- boden! Seit seiner Entdeckung im Jahr 1998 hält er daher den Rekord für das größte Lebewesen auf der Erde. Man könnte Lebewesen also, wie in diesem Beispiel, nach ihrer Größe ordnen. Du weißt aber bereits, dass man Lebewesen auch anders ein- teilen kann, zB danach, ob ihre Zellen einen Zell- kern besitzen oder nicht. Je nachdem zählen sie zu den Eukaryoten oder zu den Prokaryoten. Alle Tiere könnte man außerdem danach einteilen, ob sie eine Wirbelsäule besitzen oder nicht. Daher gehören sie entweder zu den Vertebraten (Wirbeltiere) oder zu den Invertebraten. Die Ver- tebraten wiederum könnte man danach eintei- len, ob sie ihre Jungen säugen, ob sie also zu den Säugetieren gehören, oder nicht. Eine solche Einteilung nach spezifischen gemein- samen Eigenschaften scheint viel sinnvoller als eine beliebige Einteilung nach der Größe, da ge- meinsame Eigenschaften die Verwandtschafts- beziehungen von Lebewesen widerspiegeln. Eine Einteilung nach gemeinsamen Eigenschaften spiegelt die Ver- wandtschaft wider Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv

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