am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

74 4.2 Bewegung bei Einzellern Viele Prokaryoten – Bakterien und Archaea – sind unbeweglich oder schweben frei im Wasser bzw. ihrer Umgebung. Es gibt aber auch Formen, die sich aktiv fortbewegen können. Diese Prokaryo- ten schwimmen mit Hilfe von Flagellen 1 . Das sind verdrillte Proteinfäden, die mit einem doppelten Proteinring in der Zellmembran verankert sind ( k Abb. 3). Die Fortbewegung der Prokaryoten ist insofern bemerkenswert, da ihre Flagellen nicht schlagen, sondern rotieren – wie eine Schiffsschraube. Diese Bewegungsform ist unter allen Lebewesen einzigartig: Bei keinen anderen Organismen wurde eine freie Drehbewegung beobachtet. Bakterien haben also sozusagen das Rad erfun- den – lange vor den Menschen. Bei den Prokaryoten wurde aber auch eine noch kuriosere Bewegung nachgewiesen: Wissen- schafterinnen und Wissenschafter haben gezeigt, dass Bakterien der Gattung Pseudomonas im „aufrechten Gang“ gehen. Sie stellen sich auf ihr schmales Ende und können so schneller vorwärts kommen als flach kriechend (siehe Aufgabe 1). Abb.3: Flagellen. Die Flagellen der Prokaryoten sind mit einem Proteinring in der Membran verankert, an dem sie unter Energieverbrauch rotieren. Manche Prokaryoten schwimmen mit rotierenden Flagellen Eukaryotische Einzeller kriechen, rudern und schwimmen Du kennst die in Abschnitt 4.1 angesprochenen Amöben – bis zu 0,8mm große, eukaryotische Einzeller, die sich durch Veränderung ihrer Form fortbewegen können ( k Abb. 4). Amöben „krie- chen“ also sozusagen. Sie bilden Plasmafortsät- ze, die als Pseudopodien 2 bezeichnet werden, aus. Dazu wird das Zytoskelett an einem Teil der Zelle kontrahiert – dort erhöht sich der Druck im Zytoplasma. Dadurch strömt das Cytoplasma an einen anderen Ort der Zelle, der sich entspre- chend ausstülpt. Dann bildet die Amöbe Anhef- tungspunkte am Untergrund, und zieht anschlie- ßend den restlichen Körper nach. Auch die Nahrungsaufnahme erfolgt durch Umschließen der Beute mit Pseudopodien. Recht bekannt sind auch Pantoffeltierchen (Gattung Paramecium ), die zu den Wimpertier- chen gehören ( k Abb. 4). Dieser Stamm eukaryo- tischer Einzeller ist dadurch gekennzeichnet, dass seine Vertreter in der Membran viele kurze Geißeln tragen, die als Wimpern (Cilien) bezeich- net werden. Durch einen synchronisierten Wim- pernschlag „rudern“ die Tierchen wie Galeeren durchs Wasser. Es gibt aber auch festsitzende Wimpertierchen, die mit ihren Cilien einen Wasserstrom erzeugen, um Nahrung heranzu- strudeln. Zuletzt gibt es Geißeltierchen, die eine oder mehrere lange Geißeln tragen, mit deren Hilfe sie durchs Wasser schwimmen ( k Abb. 4). Anders als die Flagellen der Prokaryoten rotieren die Geißeln nicht, sondern schlagen wie die Arme eines Schwimmers. Manche Geißeltierchen (v. a. autotrophe Arten) können die Geißeln auch bei vorübergehender Trockenheit in ihren Körper ein- schmelzen, um sie später wieder zu bilden. Abb.4: Eukaryotische Einzeller weisen unterschied- liche Bewegungsmechanismen auf. Eukaryotische Einzeller bewegen sich durch amöboide Bewegung, durch den Schlag kurzer Wimpern oder langer Geißeln Prokaryoten haben das Rad erfunden Glossar 1 Flagellum: Lateinisches Wort für Geißel. Da sowohl Prokaryoten als auch Eukaryoten geißelartige Strukturen tragen, die aber völlig unterschiedlich sind (siehe Text), wird der Be- griff „Flagellum“ meist für Prokaryoten ver- wendet, der Begriff „Geißel“ für Eukaryoten. 2 Pseudopodium: vom Griechischen pseudo für scheinbar und podos für Fuß, im Deutschen auch als „Scheinfüßchen“ bezeichnet. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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