am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

38 Anders als Viren sind Bakterien einzellige Lebe- wesen. Sie sind jedoch so klein, dass Hunderte von ihnen in eine unserer Körperzellen passen würden. Im Gegensatz zu Tier-, Pflanzen- und Pilzzellen besitzen Bakterienzellen keinen Zell- kern, keine Mitochondrien, kein endoplasma- tisches Retikulum und keine Dictyosomen. Ihr Erbgut liegt frei im Zytoplasma in Form eines so genannten Bakterienchromosoms. Manche Bakterien tragen ein oder mehrere Plasmide in sich, die durch Sexpili 1 an andere Bakterien weitergegeben werden können ( k Abb. 18). Abb.18: Aufbau eines Bakteriums. Plasmide sind für die Behandlung von Infektions- krankheiten von großer Bedeutung, denn die Gene für eine Antibiotikaresistenz liegen in den meisten Fällen auf diesen ringförmigen DNA-Mo- lekülen. Wenn du zB an einer Harnwegsinfektion leidest, wird eine Urinprobe von dir auf Agarplat- ten 2 ausgestrichen, die jeweils verschiedene Antibiotika enthalten. Nach zwei bis drei Tagen kann man erkennen, welche Antibiotika wirken – denn dort wachsen keine Bakterienkolonien. Sind auf bestimmten Platten jedoch Kolonien entstanden, weiß die Ärztin/der Arzt, dass dieses Antibiotikum unwirksam gegen den Erreger ist ( k Abb. 19). Antibiotika wirken ganz unterschiedlich. So setzt Penicillin die Stabilität der bakteriellen Zellwand herab, während Streptomycin die Synthese von Proteinen stört. Das Besondere an den herkömm- lichen Antibiotika ist, dass sie aufgrund der Eigenheiten von Bakterien nur deren Stoffwech- sel, nicht aber den von eukaryotischen Zellen stören. Sie sind selektiv in ihrer Wirkung. Abb.19: Wachstum von Bakterien einer Urinprobe auf Agarplatten. Mit Antibiotika muss sorgsam umgegangen wer- den. Denn die fälschliche Einnahme bei viralen Erkrankungen wie Grippe, die Nichtbeachtung der Einnahmeempfehlung, mangelhafte Hygiene, aber auch der massenhafte Einsatz von Antibio- tika in der Tierzucht und damit die Selektion von resistenten Bakterienzellen können zur Ausbrei- tung von Resistenzen führen. Resistenzen entstehen zunächst auf natürlichem Wege, nämlich durch zufällige Erbgutverände- rungen (Mutationen) bei der Zellteilung oder durch Umwelteinflüsse. Weil in Gegenwart eines Antibiotikums nur die Individuen überleben, die eine Resistenz aufweisen, vermehren sie sich sehr schnell. Denn die anderen sterben ab und fallen damit als Konkurrenten um Nahrung und Platz weg. Außerdem können Resistenzgene über die Sexpili und andere Mechanismen an weitere Bakterien übertragen werden. Es gilt da- her, Antibiotika nur dann anzuwenden, wenn es wirklich medizinisch erforderlich ist. Resistenzen sind in manchen Kliniken ein großes Problem. Einige Bakterienstämme 3 sind bereits gegen mehrere Antibiotika resistent und werden daher multiresistent genannt, darunter Stämme von Staphylococcus aureus ( k Abb. 5). Vor einer Behandlung ist es daher sinnvoll, abklären zu lassen, welche Antibiotika gegen das Bakterium wirken, das einen befallen hat. Eine unnötige, zu kurze oder zu lange Einnahme kann zudem unbeabsichtigte Nebenwirkungen haben. So töten viele Antibiotika eigentlich nütz- liche Darmbakterien ab, was zB Verdauungs- störungen zur Folge haben kann. Bakterien besitzen keinen Kern, son- dern ein freies Chro- mosom. Manche Bakterien haben zu- sätzlich ein Plasmid – Gene für Antibioti- karesistenz liegen meist auf einem Plasmid Mit Geißeln ausgestat- tete Bakterien können sich fortbewegen. Die Borsten (Fimbrien) dienen zum Anheften an Oberflächen. Über die hohlen Nadeln (Sexpili) tauschen Bakterien- zellen DNA miteinander aus. Vesikel Plasmid Fimbrie Zellwand Pilus Ribosom Chromosom Zellwand Kapsel Cytoplasma Geißel Zellmembran zentrale Vakuole Cytoplasma Eucyte (hier: Pflanzenzelle) Zellmembran Resistenzen entste- hen durch Mutatio- nen und breiten sich durch Fehlverhalten aus Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution Bakterien und Antibiotika Glossar 1 Sexpili: Zytoplasmaauswüchse bei Bakterien zum Austausch von genetischem Material 2 Agarplatte: mit sterilem Nährmedium gefüll- te Schale, die als Nährboden für Mikroorga- nismen dient; Agar ist ein Protein einer Alge für die Verfestigung des Nährmediums. 3 Bakterienstämme: Bakterien derselben Art, die sich aber in einer oder mehreren Eigen- schaften unterscheiden (zB Antibiotika- resistenz) Aufgabe W 1 Liste auf, worin sich eine Bakterien- zelle von einer menschlichen Zelle unterschei- det. Findest Du noch andere Merkmale als die im Text genannten? Begründe, warum ein Antibiotikum wie Penicillin bei tierischen Zellen nicht wirkt. Basiskonzept Variabilität: Zufällig entstandene Resis- tenzen bringen in Anwesenheit eines Antibiotikums einen entscheidenden Überle- bensvorteil. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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