am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

22 Wissenschaftliches Arbeiten Fragestellung, Hypothese und Methode Wie kommen Forscherinnen und Forscher zu ihrer F orschung ? Können Forscherinnen und Forscher einfach sagen, dieses und jenes interessiert mich, das will ich herausfinden? Ja, zumindest mit gewissen Einschränkungen. Wer an einem Universitätsinstitut oder einer Firma arbeitet, bekommt oft- mals Themen von der Leitung vorgegeben, aber im Rahmen von Bachelorarbeiten, Masterarbeiten oder Dissertationen (Doktorarbeiten) gibt es vielfach große Freiheit bei der Wahl des Themas. Wie kannst du vorgehen, um ein Thema (zB im Rahmen der vorwissenschaftlichen Arbeit) naturwissenschaft- lich zu untersuchen? Zunächst musst du eine Fragestellung finden, die du zu be- antworten versuchst. Diese Fragestellung geht meist Hand in Hand mit einer Hypothese, die deiner Arbeit zu Grunde liegt. Ein Beispiel für eine Fragestellung wäre: „Wie ändert sich die Wuchsleistung von Wasserpflanzen bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen?“ Dieser Fragestellung können verschiede- ne Hypothesen zu Grunde liegen. Du könntest vermuten, dass eine Erhöhung der Lichtintensität die Wuchsleistung erhöht, oder senkt, oder dass dies je nach Art des Lichts bzw. der Pflanze unterschiedlich ist, etc. Eine gute Fragestellung ist der Schlüssel zu einer erfolgrei- chen wissenschaftlichen Untersuchung. Ist die Fragestellung zu weit gefasst oder zu allgemein, wirst du sie wahrscheinlich nicht zufriedenstellend beantworten können, etwa „Wie wach- sen Wasserpflanzen bei Veränderung von Umweltfaktoren?“ Alle Umweltfaktoren zu untersuchen übersteigt selbst den Rahmen einer Doktorarbeit. Ist sie zu eng gefasst, kann es sein, dass die Antwort zu leicht zu finden ist. Grundsätzlich schlecht geeignet sind daher Fragestellungen, die mit Ja oder Nein zu beantworten sind, oder durch einmaliges Nachschlagen zu beantworten sind, so zB die Frage „Wachsen Wasserpflanzen auch ohne Licht?“ Mit deiner Fragestellung legst du ein Ziel für deine Arbeit vor – und entscheidest, ob du dieses Ziel im Rahmen der Vor- gaben gut erreichen kannst. Abb.18: Ein Forschungsteam untersucht ein Gewässer. Über Leitfragen zur Fragestellung Um zu einer guten Fragestellung zu kommen, formuliere zu- nächst Leitfragen. Diese stellen die Ausgangspunkte deiner Arbeit dar, helfen dir also, ins Thema zu finden. Durch die Be- schäftigung mit den Leitfragen engst du den Themenbereich ein, präzisierst deine Fragestellung und verschaffst dir einen Fokus auf dein Thema. Günstig ist, mit unterschiedlichen W-Fragen (wie, was, warum, wann, wer, wo?) zu beginnen und diese dann miteinander in Verbindung zu bringen. Beispiele für Leitfragen: • Welche Gruppen von Wasserpflanzen gibt es? • Wie lässt sich Wuchsleistung von Pflanzen messen? • Welche Wasserpflanzen sind für Versuche verfügbar/ge- eignet? • Welche ökologischen Faktoren spielen bei Wasserpflanzen eine Rolle? • Welche experimentellen Aufbauten sind denkbar? Diese Leitfragen könnten zB zu unserer bereits genannten Fragestellung führen: „Wie ändert sich die Wuchsleistung von Wasserpflanzen bei unterschiedlichen Lichtbedingungen?“ Fragestellung und Methode Zur Beantwortung deiner Fragestellung musst du eine be- stimmte Methode anwenden. Grundsätzlich wird zwischen reproduktiven und produktiven Arbeiten unterschieden. • Bei reproduktiven Arbeiten greifst du auf vorhandene Daten zurück (man spricht auch von einer Literaturarbeit). • Bei produktiven Arbeiten schaffst du neue Daten – mithilfe einer empirischen Methode (ebenfalls auf Basis von Litera- tur zu deinem Thema). Zu den empirischen Methoden zählen Interviews, Umfragen, Beobachtungen oder Experimente. Bedenke, dass nicht jede Methode zur Beantwortung aller Fragestellungen geeignet ist. Willst du zB herausfinden, ob totalitäre Regierungen in der Vergangenheit anders mit der Lehre von Evolutionstheorie umgegangen sind als demokrati- sche, wirst du reproduktiv arbeiten. Willst du wissen, wie der Mineralstoffgehalt von Stillgewässern mit der Wasserklarheit korreliert, wirst du eine produktive Arbeit (mit Experimenten, siehe Nebenseite) durchführen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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