am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

21 Parasiten und Symbionten Blick in die Forschung Die Symbionten in unserem Darm Kannst du Symbionten für den Darm im Supermarkt kaufen? Wenn man den Versprechungen mancher Werbespots glaubt, können probiotische Jogurts die eigene Darmflora 1 durch zu- sätzliche verdauungsfördernde Bakterien stärken, um gesund und glücklich zu werden. Ob das wirklich so ist, versucht ein Team von Mikrobiologin- nen und Mikrobiologen der Universität Wien rund um Alexan- der Loy und David Berry ( k Abb. 17) herauszufinden. Über das Forschungsprojekt „Nutrition and the Intestinal Microbiota- Host Symbiosis“ (Deutsch: Ernährung und die Mikrobiota-Wirt Symbiose im Darm) laufen seit 2013 Untersuchungen über die Symbionten in uns. Die Artenvielfalt der Mikrobiota 2 , die in unseren Därmen leben, ist bereits gut erforscht. Weit weniger ist aber bekannt, was die verschiedenen Lebewesen genau in uns bewirken. Es ist leicht zu mutmaßen, dass es sich um Symbionten han- delt, die unsere Verdauung unterstützen. Doch was heißt das genau? Was macht welche Art denn wirklich? Die Lebensgemeinschaft im Darm ist bei jedem von uns anders, und verändert sich auch – oft innerhalb von Stunden. Wenn du zB die Zusammensetzung deines Frühstücks verän- derst, verändert sich auch die Gemeinschaft deiner Darmbak- terien. Wie du auf S. 12 erfahren hast, ist es nicht leicht, eine Symbiose als solche zu identifizieren. Sind die Bakterien in uns wirklich Symbionten? Oder handelt es sich um eine Pa- rabiose, eventuell sogar um Parasiten? Wie lässt sich nun herausfinden, welche Bakterien welche Funktion erfüllen? Die Wissenschafterinnen und Wissenschaf- ter rund um Loy und Berry arbeiten mit Nahrungsbestandtei- len, die mit stabilen, harmlosen nicht-radioaktiven Isotopen markiert sind. Dann verfolgen sie den Weg dieser Nährstoff- moleküle und beobachten, welche Bakterienzellen diese auf- nehmen. Daneben werden Mikroorganismen mit bestimmten genetischen Methoden eingefärbt. Dadurch können sie identi- fiziert werden. Um dies zu beantworten, untersuchen die Forscher und For- scherinnen, wie sich die Ernährung auf den Stoff- und Ener- giefluss von den Mikroorganismen zu uns auswirkt. Mit Hilfe von Massenspektrometern 3 kann der Stoffwechselweg der isotopenmarkieren Nahrung verfolgt werden. Die Abteilung an der Universität Wien ist für diese Methoden weltweit anerkannt (siehe Quellenangaben unten). Welchen Sinn hat diese Forschung? Wer schon öfter an Darmbeschwerden gelitten hat, kann sicher verstehen, dass detailliertes Wissen über die Mikroor- ganismen in uns wichtig ist, um bei Problemen gezielt und treffsicher eingreifen zu können. Das Forschungsteam rund um Loy und Berry trägt also wesentlich zum Fortschritt der so genannten personalisierten Medizin bei – einem Blickwinkel der modernen Medizin, dem gegenwärtig immer mehr Be- deutung zugeschrieben wird. Abb.17: Das Team um Alexander Loy und David Berry beim „langen Tag des Darms“ 2014 im Museumsquartier in Wien. Die Forscherin- nen und Forscher befinden sich in einem begehbaren Darmmodell und tragen ihre „Lieblings –Mikroben“ als Plüschfiguren bei sich. Glossar 1 Darmflora: Unter dem Begriff versteht man die Gesamtheit der Mikroorganismen, die den Darm von Menschen (bzw. Tieren) besiedelt. Der Begriff „Flora“ stammt von der älteren Ansicht, dass Bakterien und Pilze zu den Pflanzen zu zählen sind. Heute werden diese Gruppen als eigene Reiche der Lebewesen – neben Pflanzen, Tieren und Einzellern – betrachtet. D.h. der Begriff Darmflora ist zwar noch ge- bräuchlich, aber eigentlich nicht korrekt. 2 Mikrobiota: ökologische Gemeinschaft von Mikroorganismen. 3 Massenspektrometer: Messgerät zum Mes- sen der Masse von Atomen bzw. Molekülen. Aufgabe E 1 Dir ist vielleicht bekannt, dass man bei einer Behandlung mit Antibiotika an Übelkeit bzw. Verdauungsbeschwerden leidet. Oft wird der Verzehr von Jogurt empfohlen. Stelle Hypothesen zu diesen Sachverhalten an, und überprüfe deren Richtigkeit durch Recherche im Internet. Literatur Butler, R. N.; Kosek, M.; Krebs, N. F.; Loechl, C. U.; Loy , A.; Owino, V. O.; Zimmermann, M. B.; Morrison, D. J.: Stable Isotope Techniques for the Assessment of Host and Microbiota Response During Gastrointestinal Dysfunction. In: Journal of Pediatric Gastroentero- logy and & Nutrition. 2017, Jg. 64, Nr. 1, S. 8–14. Stecher, B; Berry, D.; Loy, A.: Colonization resistance and microbial ecophysiology: using gnotobiotic mouse models and single- cell technology to explore the intestinal jungle. In: FEMS Microbiology Reviews. 2013, Jg. 37, Nr. 5, S. 793–829. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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