am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

12 Wechselbeziehungen können ineinander übergehen Marienkäfer fressen Blattläuse – diese Arten stehen damit in einer klaren Räuber-Beute-Be- ziehung: Für die Blattläuse ist diese Beziehung negativ, für die Marienkäfer positiv. Doch nicht in allen Fällen ist die Zuordnung so eindeutig: In den Därmen der meisten Tiere le- ben Bakterien, die von der Nahrung ihrer Wirte leben und damit als Parasiten anzusehen sind. In vielen Fällen erfolgte aber eine Anpassung der Wirte, so dass diese durch die Bakterien in ihrem Darm keinen Schaden nehmen – aus dem Parasi- tismus wurde eine Parabiose. In anderen Fällen erfüllen die bakteriellen Mitbewohner sogar nützliche Funktionen, indem sie Nährstoffe aufschließen, die sonst nicht verdaulich wären (etwa Zellulose). Hier handelt es sich also um eine Symbiose. Ein anderes bekanntes Beispiel sind Putzerfische ( k Abb. 2), die kleine Parasiten aus den Kiemen oder von der Haut größerer Fische frisst – ein typisches Beispiel einer Symbiose. Trägt der grö- ßere Fisch jedoch nur wenige Parasiten, so leidet der Putzerfisch unter Nahrungsmangel. Diesen kann er unter Umständen so ausgleichen, dass er Stücke aus der Haut des Wirts frisst – der Symbiont wird zum Parasiten. Besonders außergewöhnlich ist folgender Fall: Die kalifornische Fischassel Cymothoa exigua lebt als Parasit auf dem Mundboden, gewisser- maßen der Zunge, eines Fisches, des Roten Schnappers ( Lutjanus guttatus ). Die Assel frisst die Zunge langsam heraus, nach einiger Zeit fällt der Zungenrest ab. Die Fischassel verbleibt im Mund des Fisches, setzt sich am Mundboden fest und ersetzt funktionell die Zunge. Der Fisch kann normal fressen. Dies ist der einzige bekannte Fall, wo ein Tier einen Körperteil eines anderen Tiers ersetzt (so- zusagen eine natürliche Prothese bildet). Sollte der Nachweise gelingen, dass der Fisch mit Assel erfolgreicher Nahrung frisst als ohne, dann bie- tet auch diese Beispiel die ganze Bandbreite von Parasitismus zu Symbiose. Abb.2: Hai mit Putzerfisch. Putzerfische leben in Symbiose mit Haien, können aber auch parasitisch werden, wenn sie keine Nahrung finden. Zwischen Symbiose, Parabiose und Para- sitismus gibt es Übergänge Die Evolution von Parasiten und Symbionten Manche Parasiten können sich von verschiede- nen Wirten ernähren können, zB Stechmücken oder Zecken. Andere hingegen sind auf eine be- stimmte Wirtsart spezialisiert – so weit, dass sie ohne diese Art nicht überleben können. Man nennt dies wirtsspezifisch. Ein Beispiel ist die Zehrwespe, eine Schlupfwespe, die ausschließ- lich eine bestimmte Schildlausart, die San-José- Schildlaus befällt. Auch bei Symbiosen gibt es hochspezialisierte Arten, etwa bestimmte Arten von Mykorrhizapil- ze, die an den Wurzeln von Pflanzenarten leben (zB Fichten-Steinpilze und Fichten, siehe S. 17). Wie bei den oben genannten Parasiten können derart spezialisierte Symbionten nur gemeinsam mit ihrem Partner überleben. Wie kommt es dazu, dass manche Arten so sehr aufeinander angewiesen sind? Derart enge Beziehungen sind im Laufe einer lange andau- ernden Koevolution entstanden. Ein Mensch beispielsweise ist selbst auch Träger von Lebens- räumen (Biotopen) mit unterschiedlichen Le- bensbedingungen: Deine Haut, deine Haare, dein Blut, dein Darm etc. stellen Biotope dar, die von sehr vielen kleinen Lebewesen besiedelt werden. Diese Lebewesen leben oft in einer neutralen Beziehung, einer Parabiose. Besteht nun ein über viele Generationen andauernder Kontakt dieser Lebewesen, können sich daraus symbiotische wie parasitische Beziehungen entwickeln. Durch Koevolution entstanden teilweise sehr enge parasi- tische und symbion- tische Beziehungen Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution Aufgaben W/E 1 Federmilben: Sind Federmilben Parasiten, Symbionten oder Parabionten? Informiere dich im Internet über den Stand der Forschung in dieser Fragestellung und präsentiere deine Ergebnisse unter Angabe von Quellen. Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution: Koevolution bedeutet eine evolutionäre Entwicklung zweier Arten in immer engerer Wechselbeziehung. Aus ur- sprünglich lockeren Beziehungen zwischen zwei Arten können im Zuge der Evolution durch zufällige Veränderungen Anpassungen erfolgen, die eine effizientere Nutzung des Partners bzw. Wirtes ermöglichen. Bekannt ist die Koevolution von Blüten und Bestäubern, so sind etwa längliche Blüten in Koevolution mit den langen Rüsseln der Schmetterlinge entstanden. Neben diesem Vorteil hat diese immer enger werdende Beziehung auch den Nachteil, dass die Arten voneinander abhän- gig werden: Stirbt beispielsweise ein Wirt aus, so bedeutet das auch das Aussterben des wirtsspezifischen Parasiten. Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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