am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

109 Nachhaltige Entwicklung 6.1 Was ist „Nachhaltige Entwicklung“? Internationale Umweltpolitik 1: Montreal-Protokoll und Brundtland-Bericht „Nachhaltigkeit“ ist ein Begriff, der heute inflatio- när verwendet wird: Man lernt „nachhaltig“, legt sein Geld „nachhaltig“ an, verändert eine Land- schaft „nachhaltig.“ Dabei mag jeweils Unter- schiedliches gemeint sein. So kann „nachhaltige Geldanlage“ bedeuten, dass man langfristig in die Zukunft plant, etwa für die Altersvorsorge. Derselbe Begriff könnte andererseits eine Inves- tition in Unternehmen charakterisieren, die in der Produktion und im Umgang mit Angestellten Wert auf Umwelt- und Arbeitsschutz legen. In jedem Fall heißt „nachhaltig“, dass man über die momentane Situation hinaus in die Zukunft denkt bzw. wirkt – im Guten wie im Schlechten. Denn auch eine Umwandlung eines Moorge- bietes in Ackerland ist eine „nachhaltige Land- schaftsveränderung“ – sie ist sehr schwer rück- gängig zu machen. Genau genommen stammt der Begriff „Nachhal- tigkeit“ aus der Forstwirtschaft. Der deutsche Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645–1714) stellte bei Reisen durch Europa fest, dass es vielerorts zu wenig Holz gab, weil groß- flächig Wald für die Gewinnung und Verhüttung von Eisenerz, die Herstellung von Salz sowie den Städte- und Schiffbau gerodet worden war – ohne Wiederaufforstung. Er forderte, dass nur so viel Holz geschlagen werden dürfe, wie in der- selben Zeit nachwachsen könne. Doch selbst heutzutage wird dies bei weitem nicht immer beherzigt ( k Abb. 1). Allzu oft wird dieser Leitgedanke der Nachhaltig- keit erst beachtet, wenn die Umwelt, in der wir leben, sich bedrohlich verändert. So schrumpfte die Waldfläche in England von ca. 15% im Jahre 1086 auf ca. 5% im Jahr 1905. Ironischerweise war es der Bedarf der Armee nach Holz im Ersten Weltkrieg (u. a. für Schützengräben), der dazu führte, dass die britische Regierung nach Ende des Krieges ein gewaltiges Wiederaufforstungs- programm begann. Heutzutage sind etwa 13% des Landes bewaldet. Ähnlich weit musste es bei der Zerstörung gro- ßer Bereiche der Ozonschicht kommen, deren Ausmaß erst in den 1980er Jahren entdeckt wur- de. Die Angst vor einem weltweiten Anstieg an Hautkrebs durch UV-Strahlung veranlasste die in- ternationale Gemeinschaft zu einem beispiellos schnellen Handeln: Bereits 1987 wurde von Ver- tretern fast aller Staaten das Montrealer Proto- koll zum Verbot der Herstellung und des Aussto- ßes Ozonzerstörender Gase unterzeichnet. Erst jetzt, nach 30 Jahren, scheint sich die Ozon- schicht langsam zu regenerieren. Doch wird es wohl noch weitere 70 bis 80 Jahre dauern, bis sie ihre ursprüngliche Dichte erreicht – ein Beispiel dafür, wie lange Eingriffe des Menschen in die Umwelt wirksam sein können. 1987 war auch das Jahr, in dem die „Weltkommis- sion zu Umweltschutz und Entwicklung“ der Vereinten Nationen unter Vorsitz der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland den so genannten Brundtland-Be- richt herausgab. Darin wurde Nachhaltigkeit fol- gendermaßen und für die internationale Politik bis heute gültig definiert: „ Nachhaltige Entwick- lung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefähr- den, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. “ Holzmangel und Ozonloch als Anlass für Umwelt- programme boreale gemäßigte subtropische tropische Klimazone Jährliche durchschnittliche Verände- rung der Waldfläche von 2000–2010 Jährliche durchschnittliche Verände- rung an Ackerland von 2000–2010 Abb.1: Zu- bzw. Abnahme von Wald- und Ackerland in den borealen, gemäßigten, subtropischen und tropischen Klimazonen. In Mittel- und Nordeuropa nimmt die Bevölkerung nur relativ leicht zu; in einigen Ländern sogar ab. Hingegen wird die landwirtschaftliche Produktivität erhöht. Daher wird hier weniger Ackerland benötigt. In den Tropen nimmt der Verbrauch an Fläche für Ackerland zu, weil die Bevölkerungszahl wesentlich stärker steigt als die Produktivität. Dies geschieht meist auf Kosten von Regenwald. Dessen Fläche sinkt zudem durch Holzexport (zB Teakholz für Möbel) und Rinderzucht, deren Fleisch in die USA oder nach Europa verschifft wird. 8 000 6 000 4 000 2 000 0 –2 000 –4 000 –6 000 –8 000 1 000ha SOURCE: FAO, 2015a, 2016a Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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