Deutsch Sprach-Lese-Buch 2, Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer

Jeder Text stellt Anforderungen an seine Leserinnen und Leser. Nur wer über entsprechende Wahrneh- mungs- und Verstehensfähigkeiten verfügt, erfährt, welche Mitteilung der Text machen will. Wenn das erfasst wird, ergibt das Lesen überhaupt Sinn, bringt entsprechende Unterhaltung und damit auch Lese- freude. Es ist wichtig, im Unterricht im Sinne eines Lesetrainings viele Situationen anzubieten, in denen Kinder den Umgang mit Wörtern, Sätzen und Texten erproben können. Gemeint ist ein aufbauendes Pro- gramm, das jedes Kind in seinem Tempo durchlaufen kann. Im Unterricht sollte einerseits Wert auf genaues Lesen gelegt werden, also auf das Wahrnehmen und Verstehen jedes einzelnen Teils. Andererseits ist eine Steigerung des Lesetempos wichtig, um ein rationelles Lesen auszubilden. Ein gewisses Vorwärtskommen im Text erleichtert das Sinnverstehen. Textteile, die in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden sollen, bleiben dann eher in Erinnerung, wenn sie in relativ kurzem Abstand erlesen worden sind. Das laute Lesen ist in dieser Hinsicht für einzelne Kinder eine Hilfe, die Ziele des genauen und rationellen Lesens nach und nach zu erreichen. 13 Für manche Kinder ist das laute Lesen eher hinderlich, weil sie sich im Bemühen, richtig zu sprechen, weniger auf den Inhalt des Textes konzentrieren können. Das Lesetraining sollte daher neben dem lauten Lesen auch viele Vorlesesituationen enthalten, in denen u. a. die Kinder einander Texte vorlesen. Beim Vorlesen ist es wichtig, so zu lesen, dass den Zuhörerinnen und Zuhörern der Text so präsentiert wird, dass sie ihm mit Leichtigkeit und Genuss folgen können. Kinder müssen mit dem Text, den sie darbieten, gut vertraut sein. Wichtig sind Rückmeldungen, wo Verbesserungen nötig sind, bevor sie vor ein „Publikum“ treten. Damit erhalten Kinder die notwendige Sicherheit, die sie für das Vorlesen brauchen. Leseunterricht gestalten Das Eintauchenkönnen in literarische Welten erfordert verschiedene Aktivitäten und Organisationsformen im Rahmen des Unterrichts. Hier sind einige Beispiele: • Texte und Bücher im Klassenraum bzw. in der Schule bereitstellen – beispielsweise in einer Leseecke im Bücherregal, als Bücherkiste in der Klasse, in der Schulbibliothek , in einer Lesewerkstatt, während eines Lesefestes und Ähnliches • Bücher aus der Bibliothek des Ortes in die Schule holen, thematische Bücherkisten für einige Zeit zusam- menstellen bzw. entlehnen • gemeinsame Bibliotheksbesuche planen , um Schwellenängste abzubauen • das Lesen im Schulleben fest verankern in Form von verschiedenen Leseprojekten • Autorinnen und Autoren in die Schule einladen , Lesungen und kleine Projekte mit ihnen veranstalten Weitere Möglichkeiten sind durch die Gestaltung des Unterrichts gegeben. Lesewelten zu öffnen gelingt, wenn Leseaktivitäten auch mit dem Schreiben verbunden werden, indem • ein Lesetagebuch in der Klasse gemeinsam geführt wird; • jedes Kind ein individuelles Lesetagebuch führt; • das Anlegen von Sammelmappen mit Bildern, Zeichnungen, Klebearbeiten etc. angeregt wird; • ein Internet-Tagebuch geführt wird; • unterschiedliche Gedichtformen wie Haiku, Elfchen oder Avenidas nach dem Lesen eines Textes verfasst werden. 14 13 Vgl. Bertschi-Kaufmann 2006, S.16 14 Vgl. Schulz 2010, S.193 f. 43 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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