Sexl Physik 5 RG, Schulbuch

1.2 Temperatur und Molekularbewegung Wodurch unterscheidet sich ein heißer von einem kalten Körper? Betrachtet man einen Kristall mit einem Elektronen- oder Rastertunnelmikroskop, so sieht man dessen Atome in millionenfacher Vergrößerung auf dem Bildschirm ( 78.2 ). Man stellt fest, dass die Bilder unschärfer werden, wenn der Kristall er- hitzt wird. Die Atome des Kristalls werden durch die Erwärmung in ungeordnete Bewegung versetzt: Sie bewegen sich umso heftiger, je heißer der Körper wird. Die Unschärfe der Bilder beruht nicht auf einem Mangel des Gerätes, sondern weist auf eine fundamentale Naturerscheinung hin – auf die thermische Bewe- gung der Atome und Moleküle. Die thermische Bewegung Besonders gut lässt sich die thermische Bewegung an Flüssigkeiten beobachten. Der englische Botaniker R OBERT B ROWN (1773–1858) hatte bei seinen mikrosko- pischen Untersuchungen entdeckt, dass Pflanzenpollen und mineralische Staub- körner in einem Wassertropfen zuckende Bewegungen ausführen. Mit einem Mikroskop können wir diese Brown´sche Bewegung beobachten: Experiment: Brown’sche Bewegung 78.1 Du brauchst: Mikroskop (Vergrößerung ca. 500fach), Glasgefäß, Beleuchtung, etwas Tusche oder Milch, Kerze E 1 a) Blase in das Glasgefäß Kerzenrauch und beleuchte es von der Seite ( 78.1 ). Was siehst du im Mikroskop? E 1 b) Tropfe etwas Tusche (oder Milch) in Wasser und beobachte Tuscheteilchen (Fetttröpfchen) dieser Mischung unter dem Mikroskop. Notiere deine Beobachtun- gen. Es dauerte lange, bis man die Ursache der Brown´schen Bewegung erkannte, und viele Erklärungsversuche erwiesen sich als falsch. Die Theorie der Brown´schen Bewegung stammt von A LBERT E INSTEIN im Jahre 1905. Einstein erkannte, dass sich hier die thermische Bewegung der Flüssigkeitsmoleküle bemerkbar macht: Was- sermoleküle stoßen unregelmäßig gegen die im Mikroskop sichtbaren größeren Teilchen, Pollen oder Sporen. Dabei übertragen sie Kraftstöße in zufällige Richtun- gen: Die sichtbaren Teilchen wandern auf einer Zick-Zack-Bahn durch die Flüssig- keit. Die Brown´sche Bewegung wird bei gleich bleibender Temperatur im Laufe der Zeit nicht schwächer, sie bleibt beliebig lange bestehen: Ihre Ursache, die thermische Bewegung der Flüssigkeitsmoleküle, ist stets vorhanden – schwächer bei kühlen Körpern und stärker bei heißen. Die thermische Bewegung der Teilchen eines Körpers bestimmt daher eine wich- tige Eigenschaft des Körpers, die Temperatur . Die Atome und Moleküle aller Stoffe weisen eine ständige, ungeordnete thermische Bewegung auf. Die Temperatur T eines Körpers ist ein Maß für die Stärke der thermischen Bewegung seiner Atome und Molekül. Experiment: Brown’sche Bewegung als Simulation 78.1 Du brauchst: ein Blatt kariertes Papier, einen Spielwürfel, Bleistift E 2 Veranschauliche dir in vereinfachter Form, wie die unregelmäßige Bahn eines Brown’schen Teilchens entsteht. Wähle am Papier ein Kästchen als Ausgangs- punkt eines Teilchens. Würfle und versetze das Teilchen je nach gewürfelter Augenzahl (1, 2, 3, 4) ins nächste Kästchen (rechts, oben, links, unten), zeichne da- bei die Bahn. Wiederhole den Vorgang und beobachte, wie sich das „Brown’sche Teilchen“ vom Ausgangspunkt langsam entfernt. Stelle grafisch dar, wie sich der Abstand des Brown’schen Teilchens vom Ausgangspunkt mit der Zeit ändert. Schneller geht es mit einem Computerprogramm (s. Website physikplus.oebv.at) . 78.1 Kalter Kristall (oben): Geringe unregelmä- ßige Bewegung der Teilchen um ihre mittlere Position. Heißer Kristall (unten): Die Teilchen bewegen sich heftig um ihre mittlere Position Mikroskop Lichtstrahl 78.2 Beobachtung der Brown´schen Bewe- gung von Rauchteilchen mittels Mikroskop 78.3 Langsam wandern Rauchteilchen auf unregelmäßigen Wegen von ihrem Ausgangs- ort weg. 78.4 Veranschaulichung der Brown´schen Bewegung: Auf einem Luftkissentisch gleiten große (blau) und kleine (grau) leichtere Scheiben. Die Stöße der kleinen Scheiben füh- ren zu einer Zick-Zack-Bewegung der großen. 78 WÄRMELEHRE Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=