Sexl Physik 5 RG, Schulbuch

Fahrwiderstand am PKW – ist Energiesparen möglich? Der Wunsch nach individueller Mobilität, nach dem eigenen Fahrzeug, hat einen hohen Preis. Am Beispiel von Kraft- fahrzeugen sehen wir Energieumwandlungen mit großen Verlusten. Die chemische Energie des Treibstoffs wird im Ver- brennungsmotor zu weniger als 50 % in mechanische Energie gewandelt, mehr als die Hälfte erwärmt die Umwelt. Die verfügbare mechanische Energie wird teils in kinetische Energie des Fahrzeugs und auf Steigungen in potenzielle Ener- gie umgewandelt, teils in elektrische Energie für die KFZ-Elektronik, Klimaanlage und Beleuchtung. Ein Teil geht für Luftwiderstand und Rollwiderstand auf, wieder wird durch Reibung die Umwelt erwärmt. Es eröffnen sich viele Fragen, doch fragen wir hier nur, wie wichtig Roll- und Luftwiderstand bei PKWs sind? a. Rollwiderstand Auf S. 41 haben wir die Rollreibung als F R = f R · F G kennen gelernt. Sie wirkt entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung. Um sie auszugleichen, muss der Antrieb des PKW eine gleich große Kraft in Fahrtrichtung liefern. Für die Rollreibung von PKW-Reifen auf normaler Fahr- bahn gilt f R ≈ 0,02 . Um also einen Kleinwagen mit m = 1 000 kg (Gewicht F G ca. 10 kN ) zu bewegen, müssen wir eine Kraft von etwa 200N aufwenden, entsprechend dem Gewicht von zwei Eimern Wasser. Wie wirkt sich der Rollwiderstand beim Fahren aus? Wie viel Prozent der maximalen Motorleistung (z. B. 50 kW ) muss man z. B. bei v = 30m/s ( 108 km/h ) zur Kompensation des Rollwiderstands aufbringen? Arbeit ist Kraft mal Weg. Um während der Zeitdauer Δ t den Energieverlust durch den Rollwiderstand auszuglei- chen, muss daher am PKW eine Arbeit W R = F R · s = F R · v ·Δ t verrichtet werden: Leistung ist Arbeit/Zeit. Damit ergibt sich F R = f R · F G = 0,02 · 10 kN = 200N P R = W R / Δ t = F R · v = 200N · 30m/s = 6 000W = 6 kW. Etwa 12 % der maximalen Motorleistung werden im Bei- spiel für den Rollwiderstand eines Kleinwagens gebraucht. Leichtlaufreifen ( f R ≈ 0,01 ) würden den Rollwiderstand hal- bieren, zu niedriger Reifendruck würde ihn erhöhen. ρ ist die Dichte der Luft ( 1,2 kg/m 3 bei 20 ° C ), c w ≈ 0,35 für PKWs. Die Leistung P L , die für eine konstante Geschwindigkeit v gegen den Luftwiderstand aufgewandt werden muss, be- trägt bei v = 30m/s : P L = F L · v = ½ c w · A · ρ · v 3 = 14 kW. Das ist etwa ein Viertel der angenommenen maximalen Motorleistung von 50 kW . Beachte, dass mit zunehmender Geschwindigkeit die notwendige Leistung und dadurch der Treibstoffverbrauch mit der 3. Potenz ansteigen. Der Roll- widerstand erfordert hingegen einen linear zunehmenden Anteil der Motorleistung. In 70.1 zeigt, welche Motorleistung für den Luft- und den Rollwiderstand gebraucht wird. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit steht keine Motorleistung mehr zum wei- teren Beschleunigen zur Verfügung, die Maximal- geschwindigkeit ist erreicht. 69.1 Luftwiderstand und Reibung müssen bei der Autofahrt durch die kontinuierlich wirkende Motorkraft des PKW kompensiert werden. b. Luftwiderstand Wichtiger als der Rollwiderstand ist beim PKW der Luft- widerstand. Die vor dem Fahrzeug befindliche ruhende Luft muss weggeschoben, d. h. beschleunigt werden: Der PKW verrichtet dadurch während einer Zeit Δ t entlang des Wegs v ·Δ t die Arbeit F L · v ·Δ t und erteilt der Luftmasse ρ · A · v ·Δ t die kinetische Energie ½ ρ · A · v ·Δ t · v 2 . ( A ist die Querschnittsfläche des PKW in Fahrtrichtung.) Gleichsetzen beider Ausdrücke ergibt mit einem zusätzli- chen Faktor c w Luftwiderstand F L = ½ c w · A · ρ · v 2 . Der Faktor c w (Widerstandsbeiwert) hängt von der Form des Fahrzeugs ab: Je kleiner c w , desto „windschlüpfiger“ ist der PKW. Messungen haben in einem großen Geschwindig- keitsbereich die Gültigkeit der Formel bestätigt: Der Luft- widerstand eines Körpers ist proportional zu v 2 , zur Dichte der Luft ρ und zum Querschnitt A . c w hängt von der Form des Fahrzeugs ab und kann im Windkanal gemessen wer- den. A beträgt bei Klein-PKWs ca. 2,5m 2 . c. Treibstoff sparen In der Regel möchte man eine bestimmte Strecke s zurück- legen. Wir fragen daher, wie der Kraftstoffverbrauch in diesem Fall von der Geschwindigkeit abhängt, d. h. welche Arbeit gegen den Luftwiderstand verrichtet wird. Wegen W L = F L · s = ½ c w · A · v 2 · s sehen wir: Neben einer günstigen Form des Fahrzeugs ( c w und A möglichst klein) ist die Senkung der Geschwindig- keit der wichtigste Faktor, um Energie zu sparen: 10 % we- niger Geschwindigkeit bedeutet fast 20 % weniger Luftwi- derstand. Im Zeichen von Klimaschutz und Erdölverteuerung soll der Treibstoffverbrauch gesenkt werden. Wir schätzen für un- seren Kleinwagen ab: Wie viel Treibstoff wird ungefähr zur Überwindung von Luft- und Rollwiderstand bei konstanten 30m/s und 36m/s (ca. 130 km/h ) auf ebener Straße für eine Strecke von 100 km verbraucht? Die Antwort erfordert zwei Schritte: Berechnung der not- wendigen Arbeit und Vergleich mit dem Energieinhalt von Benzin, bzw. Diesel. F R F L F Antrieb 69 | ENERGIE/THERMODYNAMIK Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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