Sexl Physik 5 RG, Schulbuch

Am Beginn des Ziehens erkennt man, dass der Körper an der Unterlage haftet. Man braucht Kraft, um den Klotz in Bewegung zu versetzen. Man bezeichnet die Kraft, mit der der Körper an der Unterlage haftet, als Haftreibungskraft . Es erfor- dert weniger Kraft, einen bereits in Bewegung befindlichen Körper in Bewegung zu halten. Dies lässt sich damit erklären, dass die Oberflächen von Klotz und Ebe- ne nicht glatt sind, sondern sehr kleine Unebenheiten aufweisen. Diese verzahnen sich ineinander, wenn der Klotz ruht. Wenn er in Bewegung ist, dann gleiten sie übereinander, indem sie sich nur mit den Spitzen der Unebenheiten berühren. Wir sprechen jetzt von Gleitreibung . Bei einem Rollen über die Unterlage ist die Rei- bungskraft nochmals kleiner. Die kleinere Rollreibung nutzte man bereits im Al- tertum, etwa beim Bau der Pyramiden, um große Lasten leichter zu transportieren. In allen Fällen erweist sich die Reibungskraft zwischen dem Körper und der Un- terlage als nahezu unabhängig von der Geschwindigkeit, auch unabhängig von der Größe der Berührungsfläche! Die Reibungskraft ist umso größer, je stärker der Körper auf die Unterlage drückt. Wir bezeichnen diese Kraft als Normalkraft F N , da sie normal zur Unterlage wirkt. In unserem Fall entspricht sie der Gewichts- kraft. Die Reibungskraft F R ist proportional zur Normalkraft F N . F R = f · F N Die Reibungskraft ist der Bewegungsrichtung entgegengesetzt. f bezeichnet man als Reibungszahl . Die Reibungszahl f muss für jeden Fall experi- mentell bestimmt werden. Die Haftreibung ist größer als die Gleitreibung und die- se größer als die Rollreibung. Ein Autoreifen auf trockenem Asphalt hat zum Bei- spiel eine Haftreibungszahl f H = 0,55 und eine Rollreibungszahl f R = 0,02. Bremsverzögerung eines PKW auf waagrechter Fahrbahn a) Rollreibung. Die Rollreibungszahl eines PKW-Reifens ist ca. f R = 0,02 . Aus F R = f R · F N = f R · m · g sehen wir, dass die Bremsverzögerung a = F R / m durch den Rollwiderstand etwa 0,02 g beträgt. Bei 50 km/h würde der PKW nach etwa 500m zum Stillstand kommen. Daher braucht man ein wirksames Bremssystem. b) Haftreibung. Die Haftreibungszahl f H beträgt für Gummi auf Beton – also bei optimalen Bedingungen – 0,8 bis 1,0 . Solange sich das Rad dreht, können wir die Haftreibung zum Verzögern nutzen: Die Bremsverzögerung kann 8 – 10m/s 2 betragen, bei Schnee und Eis sinkt sie unter 2m/s 2 . Der Bremsweg vergrößert sich entsprechend der Formel s = v 2 /(2 a ) . c) Gleitreibung. Blockieren allerdings die Räder, so ist die – besonders bei nasser Fahrbahn – kleinere Gleitreibungszahl f G = 0,1 (Eis) … 0,4 (nasser Asphalt) ein- zusetzen. Der Bremsweg verlängert sich. Viel schlimmer ist jedoch, dass keine Kräfte zum Lenken von der Fahrbahn auf das Fahrzeug übertragen werden, das Fahrzeug unlenkbar ist und in einer Kurve tangential rutscht. Antiblockiersys- teme (ABS) verhindern diesen Zustand: Sensoren überwachen die Räder und re- duzieren die Bremskraft, wenn Räder beginnen zu blockieren. Untersuche, überlege, forsche: Bremsweg 41.1 W 1 a) Berechne und vergleiche die Bremswege bei den drei Reibungsarten für übliche Geschwindigkeiten: 30 km/h (Schutzweg), 50 km/h (Stadtgebiet), 100 km/h (Freilandstraße), 130 km/h (Autobahn). S 2 b) Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Autofahrer und andere Ver- kehrsteilnehmer? Reibung und Fortbewegung Warum ist das Gehen auf einer spiegelglatten Eisfläche so schwierig? Zwischen Fuß bzw. Schuh und Boden wirkt die Haftreibung. Sie ermöglicht, dass sich der Fuß vom Boden abstoßen kann. Die Reibungskraft macht die Fortbewe- gung erst möglich. Das Gehen und Laufen von Mensch und Tier benötigt Reibungs- kräfte, genauso wie das Fahren mit dem Auto. Ohne Reibungskraft zwischen den Autoreifen und der Straße könnten Autos weder anfahren, noch bremsen, auch lenken könnte man nicht. 41.1 In Kugellagern tritt statt der Gleitreibung die wesentlich geringere Rollreibung auf. Zusätzlich werden Achsen und Lager mit Schmierstoffen geschmiert. Damit verhindert man die direkte Berührung der Maschinen- teile. Stoffpaar f H f G Holz auf Stein 0,7 0,3 Gummi auf Beton (trocken) 0,8 0,5 Gummi auf Beton (nass) 0,4 0,35 Gummi auf Eis (trocken) 0,2 0,15 Gummi auf Eis (nass) 0,1 0,08 Stahl auf Stahl (trocken) 0,15 0,12 Stahl auf Stahl (geschmiert.) 0,11 0,05 Stahl auf Eis 0,027 0,014 41.2 Reibungszahlen: f H = Haftreibungszahl f G = Gleitreibungszahl (Näherungswerte) 41.3 Beim Aquaplaning verliert der Reifen den Kontakt zur Fahrbahn, es befindet sich ein Wasserfilm zwischen Gummi und Asphalt. Da- durch können keine Kräfte mehr übertragen werden. Das Auto lässt sich weder lenken noch bremsen. Alltagssprache und Fachsprache Begriffe wie Reibung und Gewicht sind uns aus dem Alltag vertraut. Nicht immer stimmt die Bedeutung, die diese Begriffe im Alltag haben, mit der physikalischen Be- deutung überein. Um deutlich zu machen, dass es sich bei diesen Begriffen um vektorielle Größen handelt, werden häufig die Begriffe Reibungskraft und Gewichts- kraft verwendet. 41 | MECHANIK 1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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