Sexl Physik 5 RG, Schulbuch

Experiment: Bestimmung der Fallbeschleunigung 20.1 Du brauchst: Eine Metallkugel (oder einen anderen Körper mit geringem Luftwi- derstand), ein Maßband. Die Zeitmessung kann mittels Stoppuhr, Videokamera oder Lichtschranke erfolgen. E 2 a) Lass die Metallkugel aus möglichst großer Höhe h fallen und miss die Fall- zeit t . (Achtung – Verletzungsgefahr!) Berechne die mittlere Fallgeschwindigkeit v m der Kugel. Überlege, wie groß die Endgeschwindigkeit ist. Nimm an, dass die Fallbewegung, gleichmäßig beschleunigt ist, und berechne die Fallbeschleuni- gung. Arbeitet in Gruppen und vergleicht eure Werte. Wiederholt den Versuch mehrmals und bildet den Mittelwert der Messwerte. Eine genauere Zeitmessung mittels Lichtschranke verbessert das Ergebnis und ermöglicht auch die Messung bei kleineren Fallhöhen. E 2 b) Bei einer Messung mittels Video liest du die von Bild zu Bild durchfallenen Strecken ab. Videokameras (Handykameras) liefern 25 (30) Bilder pro Sekunde. Mit den Daten erstellst du Zeit-Weg- und Zeit-Geschwindigkeit-Diagramme, aus denen die Beschleunigung abgelesen werden kann. Bei Versuchen mit verschiedenen Fallhöhen h zeigt sich, dass die Endgeschwindig- keit proportional zur Falldauer t ist, solange der Luftwiderstand keine Rolle spielt. Unter dieser Bedingung erfolgt die Fallbewegung gleichmäßig beschleunigt . Es gilt für den Betrag von v : Endgeschwindigkeit = Beschleunigung · Fallzeit v = a · t . Da die Geschwindigkeit gleichmäßig zunimmt, ist die mittlere Geschwindigkeit v m die Hälfte der Endgeschwindigkeit v und du kannst die Konstante a bestimmen. v m = v /2 = h / t a = v / t = 2 v m / t = 2 h / t 2 . Die Fallbeschleunigung wird mit g bezeichnet. Wenn du gut gemessen hast, er- hältst du einen Wert von etwa 10m/s 2 . Die Fallbeschleunigung g ist zum Erdmittelpunkt hin gerichtet. Genaue Messungen ergeben, dass ihr Betrag mit wachsender Höhe abnimmt und außerdem von der geografischen Breite abhängt ( g Äquator = 9,79m/s 2 , g Pol = 9,83 m/s 2 ). Auch Unregelmä- ßigkeiten in der Masseverteilung der Erdkruste können Richtung und Betrag von g beeinflussen. Der freie Fall ist eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung. Die Fallbeschleunigung g beträgt auf der Erde im Mittel 9,81m/s 2 . Beim freien Fall wird der Luftwiderstand vernachlässigt. Welchen Einfluss der Luftwiderstand hat, erfährst du auf S. 42. 20.1 Der Schiefe Turm zu Pisa wurde zwischen 1173 und 1372 errichtet. Er ist 55m hoch. Bereits während des Baus neigte er sich wegen des morastigen Untergrunds. Nach der aufwendigen Sanierung des Fundaments ab 1990 ist der Turm um 4° geneigt. Der Legende nach führte Galilei Fallversuche am Schiefen Turm aus. Welche Fallzeit hätte Galilei gemessen? Als erster erkannte G ALILEO G ALILEI (1564–1642), der berühmte italienische Naturforscher, dass schwere Körper genauso schnell fallen wie leichte Körper. Zur Zeit Galileis folgten viele Gelehrte der Lehre von A RISTOTELES (384–322 v. Chr.). Nach aristotelischer Ansicht fällt jeder Körper von Natur aus zu Boden, weil sein „natürlicher Ort“ der Erdmittelpunkt ist. Der fallende Stein trachtet, stets seinen natürlichen Ort einzunehmen, und ist daher von sich aus bestrebt, zu Boden zu fallen. Schwere Körper drängen stärker nach unten als leichte, sie müssen daher — so glaubte Aristoteles — umso ra- scher fallen, je schwerer sie sind. Galilei hatte nicht die Möglichkeit, Experimente im Vakuum durchzuführen, aber es gelang ihm, Aristoteles mit einem Gedankenexperiment zu widerlegen: Galilei dachte sich unter einen schweren Körper einen leichten gelegt, Nun lässt man beide Körper gemeinsam fallen. Falls der leichte Körper langsamer fällt, muss er den schweren Körper beim Fallen bremsen. Die Körperkombination müsste demnach langsamer fallen als der schwere Körper allein. Jedoch bilden beide Körper zusammen einen noch schwereren Körper, der nach aristotelischer Ansicht schneller fallen müsste als der schwere Körper allein. Damit ergibt sich ein Widerspruch: Nach der ersten Überlegung sollten die beiden Körper zusammen langsamer fallen, nach der zweiten schneller fallen als jeder einzelne Körper allein. Der Widerspruch verschwindet, wenn alle Körper gleich schnell fallen. Galileis Folgerungen aus dem Gedankenexperiment wurden später durch Experimente im Vakuum bestätigt. Fallen schwere und leichte Körper gleich schnell? 20 MECHANIK 1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum de Verlags öbv

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