Sexl Physik 5 RG, Schulbuch

„Alles was messbar ist, messen, und was nicht messbar ist, messbar machen.“ Die- ser Satz Galileis beschreibt die Bedeutung der Messung für die Naturwissen- schaften. Die Physik beschäftigt sich mit Größen, die messbar sind. Im Folgenden beschreiben wir, was in der Physik unter Messen verstanden wird. Um eine physikalische Größe zu messen, braucht man Maßeinheiten und ent- sprechende Messgeräte. Eine physikalische Größe zu messen heißt, sie mit der entsprechenden Maßeinheit zu vergleichen. Das Ergebnis jeder Messung ist eine Maßzahl, die angibt, wie oft die gewählte Einheit in der zu messenden Größe enthalten ist. Es gilt: Größe = Maßzahl · Einheit z. B.: l = 3 · 1m = 3m Wir unterscheiden in der Physik zwischen Basisgrößen und aus ihnen abgelei- teten Größen. Zeit und Länge werden als Basisgrößen definiert. Geschwindigkeit und Beschleunigung sind daher abgeleitete Größen, da sie über die Basisgrößen definiert werden. Die Festlegung der Maßeinheiten für die Basisgrößen ist willkürlich. Im Inter- nationalen Einheitensystem (Système International d‘Unités, kurz SI System ) sind 7 Basisgrößen und Basiseinheiten festgelegt ( 14.1 ) Für die Messung einer Größe muss die dazu passende Einheit festgelegt werden und das Messgerät muss kalibriert und geeicht werden. Kalibrieren und Eichen Wie wird sichergestellt, dass ein Messgerät korrekte Werte anzeigt? Dazu werden Messgeräte anhand von Vergleichskörpern geprüft, z. B. für Längenmessungen mit einem Messstab, dessen Länge mit einer überprüften Unsicherheit bekannt ist – ideal wäre das Urmeter. Natürlich müssen auch Bruchteile und Vielfache der Einheit auf einer Skala angezeigt werden. Als Kalibrierung bezeichnet man die Festlegung der Skala mit der Angabe des Anwendungsbereichs und der zu erwar- tenden Genauigkeit (Fehler durch unvermeidliche Umgebungseinflüsse, z. B. Tem- peratur, und Fertigungsunterschiede der Geräte). Mittels Eichung wird festge- stellt, dass das Gerät den gesetzlichen Vorschriften entspricht. In Österreich legt das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen die Eichmethode fest. Die Ei- chung ist für Messgeräte vorgeschrieben, die nicht ausschließlich privat verwen- det werden. Darunter fallen Stromzähler, aber auch Geräte aus dem Gesundheits- wesen – wie Fieberthermometer oder Blutdruckmessgeräte. Größe Einheit Länge l Meter m Zeit t Sekunde s Masse m Kilogramm kg Stoffmenge n Mol mol elektrische Stromstärke I Ampere A Temperatur T Kelvin K Lichtstärke I V Candela cd 14.1 Das Internationale Einheitensystem (SI) 14.2 Urmeterstab und Urkilogramm. Im Jahr 1793 setzte der französische Natio- nalkonvent das Meter als neues Längenmaß fest: Ein Meter sollte dem 10-millionsten Teil der Distanz Nordpol-Äquator auf dem Meri- dian von Paris entsprechen. Nach heutigem Wissen beträgt der dabei gemachte Fehler nur 0,13mm. Das Urkilogramm ist als Masse eines Platin- Iridium-Zylinders von 39mm Höhe und Durchmesser definiert. Kopien der Prototypen befinden sich in nationalen Eichämtern. Was heißt „messen“? Messfehler Bei allen Messungen sind die Messergebnisse mit Fehlern behaftet. Es gibt unterschiedliche Fehlertypen. Statistische Fehler entstehen durch Zufälligkeiten bei der Messung, beispielsweise durch Ablesefehler, leichte Tem- peraturschwankungen, Erschütterungen, etc. Die Größe statistischer Fehler lässt sich durch wiederholte Messun- gen abschätzen und angeben: Ein einfacher Weg ist es, den Fehler über maximale Abweichungen vom Mittelwert an- zugeben. t = 1,9022 s ± 0,0005 s bedeutet in diesem Fall, dass die Einzelergebnisse um bis zu 0,0005 s vom arithmeti- schen Mittelwert 1,9022 s abweichen. Die mögliche Abwei- chung vom Mittelwert kann auch in Form von Prozentan- gaben erfolgen. Die Stochastik, ein Teilgebiet der Mathematik, sagt, dass kleine Abweichungen vom Mittelwert bei wiederholten Messungen wahrscheinlicher sind als große Abweichun- gen. Für alle Messgeräte müssen derartige Fehlergrenzen ange- geben werden. Bei Radargeräten zur Bestimmung der Ge- schwindigkeit von Fahrzeugen wird der durch das Mes- sverfahren bedingte Messfehler bei Geschwindigkeiten bis zu 100 km/h mit ± 3 km/h angegeben, bei darüber liegenden Geschwindigkeiten mit ± 3%. Die zweite Fehlergruppe sind die systematischen Fehler . Ursachen für systematische Fehler sind z. B. unverstan- dene äußere Einflüsse (Reibung, ...), fehlerhaft kalibrierte Messgeräte, Rückwirkung des Messgeräts auf die Messung oder durch schlechte Sichtbarkeit bedingte Ablesefehler. Wie geht man mit systematischen Fehlern um? In erster Linie gilt es, die Ursache systematischer Fehler zu fin- den und zu korrigieren. Das ist meist ein sehr mühseli- ges Unterfangen. Wenn dies nicht gelingt, so schätzt man die Größenordnung ab und gibt sie als zusätzlichen Fehler zum statistischen an. 14 GRÖSSENORDNUNGEN Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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