Sexl Physik 5 RG, Schulbuch

116.1 Ein Tropfen Tinte diffundiert im Wasser. Nach einiger Zeit ist das Wasser einheitlich gefärbt. Die Entropie hat zugenommen, der Prozess ist irreversibel. 116.2 Vermischen (Verreiben) von Ölfarben ist ebenfalls ein irreversibler Prozess. 116.3 R UDOLF C LAUSIUS (1822–1888), stellte im Jahre 1850 den zweiten Hauptsatz der Wärme- lehre auf und zog daraus wichtige Schluss- folgerungen über Wärmekraftmaschinen. Im Jahre 1865 führte er den Entropiebegriff ein. Reversible Vorgänge sind z. B. ungedämpfte Pendelschwingungen oder ideale elas- tische Stöße. Sie kommen in der Natur wegen der unvermeidlichen Reibung nie- mals vor. Im Alltag beobachtet man immer irreversible Prozesse: Gedämpfte Pendelschwingungen, unelastische Stöße, Erwärmung durch Reibung, Diffusion, Wärmeleitung, Deformationen usw. Fensterscheiben können beim Ballspiel zwar zerbrechen, aber sie haben sich noch nie von selbst repariert! Untersuche, überlege, forsche: Irreversible Vorgänge 116.1 S 2 Sucht gemeinsam Beispiele für irreversible Vorgänge im Alltag und diskutiert den Grund für Irreversibilität. Stehen irreversible Vorgänge zum 1. Hauptsatz in Widerspruch? Was ist Entropie? Die Einführung des Begriffs Entropie ist eine der großen schöpferischen Leistun- gen in der Physik, vergleichbar mit der Formulierung der Relativitätstheorie. Rudolf C LAUSIUS ( 116.3 ) erkannte im Jahr 1865 bei der Untersuchung der Theorie der Wärmekraftmaschinen, dass der Quotient aus übertragener Wärme Q und Temperatur T eine wichtige Rolle spielt. Er führte eine neue physikalische Größe ein, die er Entropie S nannte. Er stellte fest, dass bei jedem Wärmetransport eine Entropieänderung Δ S = Q _ T stattfindet. Die Entropie ist eine Zustandsgröße , sie hängt nur vom aktuellen Zustand des ab- geschlossenen thermischen Systems ab. Wenn sich in einem thermodynamischen Prozess der Zustand des Systems ändert, ändert sich meist auch die Entropie des Systems. Die Änderung der Entropie eines Systems beträgt Δ S = Q _ T Q ist die übertragene Wärme, T die entsprechende Temperatur. Das neu geschaffene Wort Entropie ist dem Wort Energie nachempfunden. Energie weist auf die im System steckende Arbeitsfähigkeit ( ergon , griechisch Arbeit) hin, Entropie auf die Umwandlungsfähigkeit. Für die Entropie S gilt im Unterschied zur Energie kein Erhaltungssatz. Während die Gesamtenergie in einem abgeschlossenen System erhalten bleibt, nimmt die Gesamtentropie bei irreversiblen Vorgängen (also bei praktisch allen natürlich ab- laufenden Prozessen) zu. Dabei wird wie beim Energiesatz vorausgesetzt, dass das System abgeschlossen ist. Beispiel: Entropieänderung bei Wärmeübergang Wir betrachten ein System, das aus einem wärmeren Körper (Temperatur T 1 ) und einem kälteren Körper ( T 2 ) besteht, und berechnen die Entropieänderung des Systems beim Übergang von Wärme Q vom wärmeren auf den kälteren Körper ( T 2 ). Wenn ein Körper bei der Temperatur T die Wärmemenge Q aufnimmt, dann steigt seine Entropie um Δ S = Q / T . Bei Wärmeabgabe nimmt die Entropie des Körpers ab. Die gesamte Entropieänderung beträgt daher Δ S = Δ S 1 + Δ S 2 = − Q / T 1 + Q / T 2 = Q · ( T 1 – T 2 )/( T 1 · T 2 ). Wegen T 1 > T 2 ist also Δ S > 0 . Die Entropie des Gesamtsystems nimmt zu, wenn Wärme von einem wärmeren auf einen kälteren Körper übergeht. Allgemein gilt: Findet in einem abgeschlossenen System ein irreversibler Prozess statt, so nimmt die Entropie S dieses Systems zu: Δ S > 0 Bei reversiblen Prozessen bleibt die Entropie gleich: Δ S = 0 Die gesamte Entropie eines Systems kann nicht abnehmen. 116 ENERGIE Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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