Sexl Physik 5 RG, Schulbuch

a) b) c) d) e) 115.1 Elastischer Stoß. Reihenfolge von a nach e oder umgekehrt von e nach a? Das lässt sich hier nicht sagen. Beide Reihenfolgen wären möglich. Der Vorgang ist umkehrbar (reversibel). 4.2 Die Entropie Fast selbstverständlich und dennoch höchst bemerkenswert ist folgender Sachver- halt: Nie wurde beobachtet, dass sich kaltes Wasser in einem Topf weiter abkühlt und Wärme an die heiße Herdplatte abgibt. Niemals beginnt das Wasser in einer Teetasse zu sieden, während sich die Zimmerluft abkühlt. Im Gegenteil! Der selb- ständige Wärmeübergang führt immer zu einem Temperaturausgleich und nie zu einer Verstärkung der Temperaturunterschiede. Diese Erfahrung hat der deutsche Physiker R UDOLF C LAUSIUS (1822–1888) in einem weiteren Hauptsatz der Wärmelehre formuliert: 2. Hauptsatz der Wärmelehre Wärme geht von selbst nur von einem wärmeren auf einen kälteren Körper über und niemals umgekehrt. Dieser Satz ist deshalb wichtig, weil er eine eindeutige Richtung der Naturvor- gänge festlegt. Der erste Hauptsatz (Satz von der Energieerhaltung) würde auch den umgekehrten Vorgang zulassen. Eine Anmerkung: Der 2. Hauptsatz verallgemeinert eine wiederholt gemachte Er- fahrung, nämlich dass ein bestimmter Vorgang noch nie beobachtet wurde. Daraus wird behauptet, dass der Vorgang auch künftig nicht erfolgen kann. Der Schluss ist nach den Gesetzen der Logik nicht zulässig: Wer noch nie schwarze Schwäne gese- hen hat, könnte meinen, dass es sie nicht gibt – sie sind jedoch in Australien hei- misch. Boltzmanns statistische Thermodynamik lieferte die Rechtfertigung für den 2. Hauptsatz: Wegen der ungeheuer großen Teilchenzahl in thermodynami- schen Systemen ist es zwar nicht ausgeschlossen, aber extrem unwahrscheinlich, dass der nichtbeobachtete Vorgang jemals eintritt. Irreversible Vorgänge und Entropieänderung Die Eigenschaft, dass thermische Vorgänge von selbst nur in einer Richtung ablau- fen, steht im auffallenden Gegensatz zu den reibungsfreien Vorgängen in der New- ton´schen Mechanik, die ebenso gut in der einen wie in der anderen Richtung ab- laufen können. Die Bilderreihe ( 115.1 ) zeigt den Zusammenstoß zweier Kugeln. Ohne zusätzliche Information kann man nicht feststellen, ob der Vorgang in der Reihenfolge a bis e oder umgekehrt abläuft. Auch die Folge e bis a beschreibt ei- nen physikalisch möglichen Vorgang. Wir sprechen daher von einem umkehr- baren oder reversiblen Vorgang. Dagegen kann man die Bilder vom Zusammenstoß zweier Autos ( 115.2 ) sofort richtig ordnen. Der natürliche Ablauf des Vorgangs lautet: Bewegung, Aufprall, De- formation, Stillstand. Beim zeitlich umgekehrten Vorgang würden die deformier- ten und ruhenden Autos sich von selbst reparieren und dabei nach rückwärts aus einander fahren. Wenn ein Film des Aufpralls umgekehrt vorgeführt wird, merkt man sofort, dass ein solcher Vorgang in Wirklichkeit niemals vorkommt. Was hat dies mit Wärmelehre zu tun? Beim Aufprall des Autos wird dessen gesam- te kinetische Energie in ungeordnete Molekularbewegung umgewandelt und dabei das Auto verformt und erwärmt. Beim zeitlich umgekehrten Vorgang müsste sich das Fahrzeug von selbst abkühlen und gleichzeitig die Energie der ungeordneten thermischen Bewegung teils zur Wiederherstellung der Struktur des Autos nutzen, teils in die geordnete Bewegung des gesamten Autos überführen. Nach den Geset- zen der Newton’schen Mechanik wäre dies nicht unmöglich, nach Boltzmanns Thermodynamik aber extrem unwahrscheinlich. Die Selbstreparatur des Schrott- autos widerspricht dem zweiten Hauptsatz. Wir haben es daher mit einem nicht umkehrbaren oder irreversiblen Vorgang zu tun. Wenn ein Vorgang von selbst nur in einer Richtung ablaufen kann, bezeichnet man ihn als irreversibel. Der 2. Hauptsatz bestimmt die Richtung von irreversiblen Prozessen. 115.2 Bei einem Crash-Test ist die Reihen- folge eindeutig: a–e. Der Vorgang ist nicht umkehrbar – er ist irreversibel. a) b) c) e) 115 | ENERGIE Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=