Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

94 Mechanismen der Evolution Von der chemischen zur biologischen Evolution Stanley Lloyd Miller und Harold Clayton Urey machten 1953 gemeinsam Expe- rimente zur Entstehung organischer Moleküle: Durch ein Gasgemisch, von dem sie annahmen, dass es eine ähnliche Zusammensetzung wie die Uratmo- sphäre aufwies (Wasser, Methan, Ammoniak, Kohlenstoffmonoxid, Wasser- stoff) schickten die beiden Blitze, erhitzten es und kühlten es anschließend wieder ab. Sie simulierten damit Bedingungen, wie sie in der frühen Erdgeschichte ver- mutlich geherrscht haben. Nach kurzer Zeit konnten die Wissenschafter im Gasgemisch und im kondensierten Wasser neue, vor allem organische Verbin- dungen nachweisen. Die chemische Evolution begann in der „Ursuppe‘‘ Nach Urey und Miller dürfte es ähnlich zur Bildung der ersten organischen Moleküle gekommen sein ( chemische Evolution ). Diese sammelten sich in kleinen Tümpeln (Ursuppe), wo sie sich zu größeren Molekülen wie Proteinen und Nukleinsäuren zusammenlagerten. Laborversuche zeigen, wie in der Ursuppe so genannte Protobionten – Koazervate, Mikrosphären und Liposo- men – entstanden sein könnten: Koazervate sind Kügelchen, die sich bilden, wenn man eine wässrige Lösung von Polypeptiden, Kohlenhydraten und Nukleinsäuren schüttelt. Sie weisen eine Verdickung an der Außenwand, eine Art Membran, auf. Befinden sich zusätzlich Enzyme in der Lösung, werden die- se in die Koazervate mitaufgenommen. Koazervate können Stoffe aus der Umgebung absorbieren und in veränderter Form wieder abgeben. Aminosäu- rengemische können bei Erwärmung dazu gebracht werden, sich zu Polypep- tiden zu verbinden, welche sich anschließend zu Mikrosphären , kugelförmi- gen Gebilden, formen, die von einer selektiv-permeablen Proteinmembran umgeben sind. Sind im Versuchsansatz auch bestimmte Lipoide (fettähnliche Stoffe) enthalten, entstehen Liposomen . Die ersten Lebewesen waren autotroph Die in der Ursuppe angereicherten Protobionten vergrößerten sich zum Teil (durch Absorption von Stoffen) und vermehrten sich. Zu Lebewesen entwickel- ten sich aber nur jene, die es schafften, ihre chemische Identität weiterzuge- ben – Protobionten, die Moleküle enthielten, die Informationen speichern und weitergeben konnten. So entstanden vor mehr als 3,8 Mrd. Jahren die ersten Lebensformen – die Vo- raussetzung für die biologische Evolution , die damit eingeleitet wurde. Neues- te Forschungen gehen davon aus, dass die ersten Lebewesen anaerobe che- moautotrophe Prokaryonten waren ( Begegnungen mit der Natur, Band 5). 25  Miller-Urey-Experiment (Versuchs­ anordnung, Schema) 26  Stanley Lloyd Miller 27  Harold Clayton Urey  Stanley Lloyd Miller (1930–2007), amerikanischer Biochemi- ker  Harold Clayton Urey (1893–1981), amerikanischer Chemiker  organische Verbindungen Durch Variationen des Versuches gelang es, alle 20 in den Proteinen vorkommen- den Aminosäuren, verschiedene Zucker, Fette, fettähnliche Substanzen, Basen Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin und Uracil sowie ATP zu synthetisieren.  chemische Evolution chemische Reaktionen, in deren Folge Stoffe synthetisiert wurden, die Voraus- setzung für die Entstehung des Lebens waren  Protobionten Vorläufer lebender Zellen  Koazervate coacervarus (lat.) = gehäuft  Mikrosphären hier laufen enzymatische Reaktionen ab, wie zB der Abbau von Glucose; manche Mikrosphären zeigen Wachstum und können sich durch Knospung vermehren  Liposomen von einer Lipoiddoppelschicht umhüllt, in der die Lipoide ähnlich angeordnet sind wie in Zellmembranen ( Begeg- nungen mit der Natur, Band 5)  biologische Evolution Entwicklungsgeschichte der Lebewesen Spannungsquelle Kühlung Auffanggefäß Wärmequelle Lichtbogen H 2 O, NH 3 , CH 4 , CO, H 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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