Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

92 Mechanismen der Evolution M Arbeitsheft Seite 29 Isolation kann auch durch klimatische Veränderungen entstehen Auch andere Faktoren, wie etwa klimatische Veränderungen, können Isolation bewirken. So wurden beispielsweise durch die Vorstöße des Inlandeises wäh- rend der letzten Kaltzeit in Europa Tier- und Pflanzenpopulationen in östliche und westliche Teilpopulationen getrennt, wodurch der Genfluss unterbrochen war ( Abb. 19). Die Teilpopulationen entwickelten sich unabhängig vonein- ander weiter, die Genpools veränderten sich, es entstanden zunächst Unter­ arten . Nach dem Rückzug der Gletscher trafen sich lange Zeit voneinander getrennte Populationen wieder. Einige von ihnen vermischten sich nicht mehr, der Genfluss blieb somit unterbrochen (zB Grau- und Grünspecht;  Abb. 22 und 23) und Artaufspaltung fand dadurch statt. Auch gab es andere Unter­ arten, die sich teilweise wieder untereinander kreuzten, wie es anfänglich bei der Nebel- und der Rabenkrähe ( Abb. 20 und 21) der Fall war.  letzte Kaltzeit in Europa vor etwa 110 000 bis etwa 10 000 Jahren  Genpool Jedes Individuum (Klone ausgenommen) unterscheidet sich genotypisch von allen anderen. Die Gesamtheit aller Gene der Individuen einer Population bezeichnet man als Genpool.  Unterarten Individuen einer Unterart unterscheiden sich phänotypisch eindeutig von denen einer anderen Unterart derselben Art. Sie können jedoch miteinander frucht­ bare Nachkommen hervorbringen.  Nebel- und Rabenkrähe Aus der Aaskrähe entwickelte sich als Folge der Kaltzeit im Norden und Wes- ten Europas die schwarze Rabenkrähe und im Südosten die schwarz-graue Nebelkrähe. Im Grenzgebiet ( Abb. 18) überschneiden sich die Populationen und es kommt vor, dass sie sich kreuzen und fruchtbare Mischlinge hervorbrin- gen. Da allerdings bei der Paarung glei- che Tiere bevorzugt werden, werden die Vögel nicht als zwei Unterarten, sondern eher als zwei verschiedene Arten gese- hen. Weitere Isolationsmechanismen sind die zeitliche, die verhaltensbedingte und die genetische Isolation Haben verwandte Arten zeitlich unterschiedliche Fortpflanzungsperioden, spricht man von einer jahreszeitlichen Isolation. Grasfrösche beispielsweise laichen zwischen Ende Februar und Anfang April, während bei Wasserfröschen die Laichzeit von Ende Mai bis Anfang Juni stattfindet. Ganz bestimmte, für eine Art typische Verhaltensweisen stellen ebenfalls Fort- pflanzungsbarrieren unter nah verwandten Tierarten dar (Verhaltensisolati- on). So senden zum Beispiel die Männchen verschiedener Leuchtkäferarten ihren weiblichen Artgenossen ganz bestimmte Blinkmuster. Die Weibchen blinken nur auf die für ihre Art charakteristischen Signale zurück und locken damit die Männchen an. Artbildung ist auch in Folge einer genetischen Isolation möglich. Ein Beispiel hierfür sind die Nachtkerze Oenothera lamarckiana (2n=14) und die Mutante Oenothera gigas (Gigantische Nachtkerze, 4n= 28). Eine Kreuzung der tetra- ploiden mit der diploiden Art ist nicht mehr möglich. 18  Verbreitungsgebiet von Nebel- und Rabenkrähe dunkelgrün: Verbreitungsgebiet Rabenkrähe, beige: Verbreitungsgebiet Nebelkrähe, hellgrün: Vermischungsgebiet von Raben- und Nebelkrähe an der Verbreitungsgrenze der beiden Unterarten 19  Trennung von Genpools 20  Rabenkrähe 21  Nebelkrähe 22  Grünspecht: spezialisiert auf Amei­ sen, daher viel am Erdboden 23  Grauspecht: hält sich häufig an Baumstämmen auf, sucht dort baum­ bewohnende Insekten und deren Larven Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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