Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

87 Die Entwicklung des Lebens auf der Erde M Arbeitsheft Seite 26, 28 Theorien zur Entstehung der Arten Ein Vertreter der Theorie zur Konstanz der Arten war Carl von Linné , der als Erster Lebewesen nach bestimmten Merkmalen systematisch ordnete (Syste- ma naturae, 1735) und benannte ( binäre Nomenklatur ). Auch Georges Baron de Cuvier war von der Artenkonstanz überzeugt. Bei seinen Forschungen im Pariser Becken fand er in verschiedenen Gesteinsschichten Fossilien, die sich von heute lebenden Formen deutlich unterschieden. Cuvier schloss daraus, dass Naturkatastrophen in größeren Zeitabständen die Lebewesen in bestimmten Gebieten vernichteten. Danach wurden jeweils neue Arten geschaffen. So wechselten sich im Laufe der Erdgeschichte die Vernichtung bestehender Arten und die Schöpfung neuer Arten ab ( Katastrophentheorie ). Die Entwicklung der Lebewesen erfolgte stufenweise In seinem Werk „Über die gemeinsame Abstammung von Vorfahren“ (1766) wies Georges de Buffon unter anderem darauf hin, dass die Entwicklung der Lebewesen stufenweise, über lange Zeiträume hinweg erfolgte. Er war damit ein wichtiger Wegbereiter für die Deszendenztheorie . Die Veränderung der Arten war Buffons Meinung nach umweltbedingt. Diesen Gedanken griff einer seiner Schüler, Jean-Baptiste de Lamarck , auf, verfolgte ihn weiter und entwickelte die „Theorie der Vererbung erworbener Eigenschaften“. Sie besagt, dass jede Art ein inneres Bedürfnis nach vollkom- mener Harmonie mit ihrer Umgebung (Umwelt) hat. Da sich diese Umgebung immer wieder verändert, muss sich auch die Art verändern. Tut sie das nicht, besteht die Gefahr, dass sie ausstirbt. Die Anpassung der Lebewesen an ihre Umwelt erfolgt durch Gebrauch oder Nichtgebrauch von Organen. Organe, die in einer bestimmten Umwelt nicht gebraucht werden, verkümmern, regel- mäßig gebrauchte Organe werden gestärkt. Diese individuellen Anpassungen an die Umweltbedingungen werden an die Nachkommen vererbt. Das bekannteste Beispiel, an dem Lamarcks Theorie der Vererbung individuell erworbener Eigenschaften anschaulich demonstriert werden kann, ist eine Hypothese zur Entwicklung der Langhalsgiraffen: Tatsächlich hatten die Urformen der heute lebenden Giraffen kurze Hälse ( Abb. 6a). Nach Lamarcks Theorie waren sie aufgrund der Nahrungskonkur- renz durch andere Tierarten gezwungen, neue Nahrungsquellen zu erschlie- ßen. So begannen sie, ihre Hälse zu strecken, um an die Blätter von Bäumen heranzukommen ( Abb. 6b). Durch das ständige Strecken wurden ihre Hälse etwas länger – eine Eigenschaft, die sie an ihre Nachkommen vererbten. Die nächste Generation kam also bereits mit etwas längeren Hälsen zur Welt ( Abb. 6c). Und auch diese Giraffen streckten sich wieder, um noch höher befindliche Blätter zu erreichen ( Abb. 6d). Über viele Generationen hinweg entwickelte sich so allmählich die heutige Langhalsgiraffe.  Carl von Linné (1707–1778), schwedischer Naturforscher; schuf mit der binären Nomenklatur die Grundlagen der modernen botanischen und zoologischen Taxonomie (Einord- nung in bestimmte Kategorien wie Ord- nungen, Familien, Gattungen)  binäre Nomenklatur die aus einem Substantiv und einem Ad- jektiv bestehende wissenschaftliche Be- nennung von Lebewesen (Gattungs- und Artname), zB Canis lupus = Wolf; binarius (lat.) = zwei enthaltend, nomenclatura (lat.) = Namensverzeichnis  Georges Baron de Cuvier (1769–1832), französischer Wissenschaf- ter; gilt als wissenschaftlicher Begründer der Paläontologie  Katastrophentheorie auch als Katastrophismus bezeichnet  Georges de Buffon (1707–1788), Pariser Naturforscher; ent­ wickelte u.a. die Theorie, dass die Erde durch einen Zusammenstoß eines Kome- ten mit der Sonne entstanden sei und sich die ersten Lebewesen im Meer ent- wickelt hätten. Buffon war auch davon überzeugt, dass Menschen und Affen ei- ner natürlichen Familie angehören.  Deszendenztheorie Abstammungslehre; besagt, dass die heutigen, teilweise hoch entwickelten Lebewesen von einfacheren, in früheren Epochen der Erdgeschichte lebenden Vorfahren abstammen, die wiederum selbst von einfacheren Formen früherer Erdzeitalter abstammen u.s.w. So gehen letztendlich alle Lebewesen auf eine oder nur wenige Urformen zu- rück und sind deshalb auch mehr oder weniger miteinander verwandt. descendere (lat.) = herabsteigen  Jean-Baptiste de Lamarck (1744–1829), französischer Botaniker und Zoologe; prägte den Begriff Biologie 6  Lamarcks Theorie der Vererbung individuell erworbener Eigenschaften Die „Theorie der Vererbung erwor- bener Eigenschaften“ wurde lange Zeit als gänzlich falsch erachtet. Die Entdeckung der Ver- erbung epigenetischer Marker ( S. 33) rückte Lamarcks Annah- men in ein neues Licht. Relativie- re seine Annahmen mittels der Erkenntnisse der Epigenetik. Selbst aktiv! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=