Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

82 Vererbung und Humangenetik Die Nutrigenomik beschäftigt sich mit den Zusammenhängen zwischen Ernährung und Erbsubstanz Nutrigenomik ist eine Disziplin innerhalb der Ernährungswissenschaften. Sie untersucht die Zusammenhänge zwischen unserer Nahrung und unserer Erb­ substanz und der damit verbundenen Entstehung von Krankheiten. So wie verschiedene Menschen unterschiedlich auf bestimmte Medikamente reagieren, gibt es auch unterschiedliche Reaktionen unseres Körpers auf bestimmte Nahrungsmittel. Es liegen Untersuchungsergebnisse vor, die dar­ auf hinweisen, dass hierfür ebenfalls unterschiedliche SNPs verantwortlich sind. Unsere Gene beeinflussen also auch die Reaktion auf Nährstoffe. Beispielsweise verursacht der Verzehr von Salzigem bei manchen Menschen ein Ansteigen des Blutdrucks, während er bei anderen wirkungslos bleibt. Auch fettreiche Ernährung führt nicht bei jedem zu einer Cholesterolerhöhung ( Begegnungen mit der Natur, Band 5) im Blut. Bei rund dreiviertel aller Erwachsenen weltweit besteht eine Laktose­ intoleranz ( Selbst aktiv! S. 64). Nach der Vision von Expertinnen und Experten wird unsere Ernährung in Zukunft auf unsere Gene abgestimmt sein.  Nutrigenomik nutrition (engl.) = Ernährung  „Medikamente für alle” Es werden nur Medikamente zugelas­ sen, die bei möglichst vielen Menschen wirken, deren Wirkung nicht zu sehr schwankt und die nur selten Nebenwir­ kungen verursachen.  Pharmakogenomik Forschungszweig, der sich mit dem Ein­ fluss des Genoms auf die Wirkung von Arzneimitteln befasst. pharmakon (griech.) = Heilmittel, Gift 83  In wieweit besteht ein Zusammen­ hang zwischen Nahrung und Genen? 1. 1994 wurde von Jeffrey Friedman, einem US-amerikanischen Molekular­ biologen (geb. 1954), das Hormon Leptin entdeckt. Der Name dieses Hormons kommt aus dem Griechischen und leitet sich von seiner Wirkung ab. Recherchiere die Bedeutung von „leptos“ und die Wirkung des Leptins im menschlichen Körper. Bei einem Teil der Bevölke­ rung ist das Gen, das den Bauplan für die Leptinsynthese trägt (das so genannte ob-Gen), oder das Leptinrezeptorgen durch eine Punktmutati­ on verändert. Beschreibe die Folgen dieser Polymorphismen. Selbst aktiv! Die Pharmakogenomik beschäftigt sich mit dem Einfluss der Gene auf die Wirkung von Medikamenten Schon seit langer Zeit ist bekannt, dass nicht jedes Medikament bei jedem Menschen die gleiche Wirkung hat. So kommt es vor, dass die Einnahme eines Medikaments bei manchen Menschen zur gewünschten Wirkung führt, wäh­ rend sie bei anderen Personen wirkungslos bleibt beziehungsweise un­ erwünschte oder sogar tödliche Nebenwirkungen auftreten. Ein Beispiel dafür ist der Wirkstoff Albuterol, der bei asthmakranken Men­ schen zur Weitung der Bronchien eingesetzt wird. Er wirkt sehr gut bei Patien­ tinnen bzw. Patienten, die im Rezeptor für Albuterol an einer bestimmten Stel­ le die Aminosäure Arginin tragen. Bei einem bestimmten SNP allerdings wird Glycin statt Arginin eingebaut. Dies hat zur Folge, dass Albuterol vom Rezeptor nicht gebunden werden kann und das Medikament somit wirkungslos bleibt. Die pharmazeutische Industrie entwickelt heute in erster Linie noch „ Medika- mente für alle “. Derzeitiges Ziel des Forschungszweiges Pharmakogenomik ist die Herstellung von Medikamenten, die, in Abhängigkeit von den SNPs, auf Personengruppen zugeschnitten sind. Ein Beispiel hierfür ist Herceptin, ein monoklonaler Antikörper, der sich an Antigene auf der Oberfläche der Tumor­ zellen (HER-2/neu) bindet und so das Tumorwachstum hemmt ( Seite 73). Eine Zukunftsvision ist die „individualisierte Arzneimitteltherapie“, bei der jede Patientin bzw. jeder Patient das auf ihre bzw. seine Gene abgestimmte Medikament erhält. 2. SNPs sind Punktmutationen, aber nicht alle Punktmutatio­ nen sind SNPs. Prüfe diese Aus­ sage auf ihre Richtigkeit. 3. Trotz strenger Hygiene in Spitä­ lern kommt es vor, dass sich Patientinnen und Patienten mit so genannten Krankenhaus­ keimen, die sich nur schwer be­ kämpfen lassen, infizieren. Erörtere die Problematik der Bekämpfung. 4. Die Anwendung pharmakoge­ netischer Arzneimittel hat auch ethisch-soziale Relevanz hin­ sichtlich Persönlichkeitsschutz und Patientenrecht. So wirft die Kontrolle über Patienten­ daten, die bei pharmakogeneti­ schen Tests (zur Ermittlung der genetischen Daten) erhoben werden, und die Kontrolle über „personalisierte Medikamente“ auch juristisch relevante Fra­ gen auf. Reflektiere hierzu ethi­ sche sowie datenschutzrecht­ liche Überlegungen. Selbst aktiv! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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