Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

77 Humangenetik Gendiagnostik Treten in einer Familie bestimmte Krankheiten gehäuft auf, liegt die Vermu­ tung nahe, dass diese genetisch bedingt sind. Um diese näher zu erforschen bzw. um ihnen vorzubeugen (Prävention), wendet die Gendiagnostik Metho­ den an, um Veränderungen im menschlichen Genom festzustellen bzw. die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte genetisch bedingte Krankheit auf­ tritt, vorhersagen zu können. Im Zuge einer humangenetischen Beratung setzt die Gendiagnostik auch einen Schwerpunkt auf die genetische Familienberatung . In diesen Bera­ tungsstellen klären Fachärztinnen und Fachärzte für medizinische Genetik u.a. über mögliche Risiken auf, eine erblich bedingte Krankheit an die Nachkom­ men zu vererben, und klären bei Bedarf über Präventionsmöglichkeiten auf. Weitere Gründe, eine solche Beratungsstelle aufzusuchen, sind u.a. ein erhöh­ tes Alter der Eltern, vorausgegangene Fehlgeburten und bereits vorhandene Kinder mit Fehlbildungen oder kognitivem Entwicklungsrückstand. Wichtig für eine humangenetische Beratung ist das Anfertigen eines Familien- stammbaumes. Er dient dazu, das Risiko eines bestimmten Erbdefektes einzu- schätzen. Voraussetzung dafür ist das Wissen, ob eine Krankheit auf dominan­ te oder rezessive Allele zurückzuführen ist. Bei einigen Krankheiten kann man mittels geeigneter Tests feststellen, ob jemand das krankheitsauslösende Allel in sich trägt. Pränatale Diagnostik dient der Früherkennung Ultraschalluntersuchungen bilden einen Schwerpunkt in der medizinischen Schwangerschaftsbetreuung. Sie dienen u.a. der Feststellung der Schwanger­ schaft, der Lokalisation des Embryos (eventuelles Vorliegen einer Eileiter- oder Bauchhöhlenschwangerschaft), dem Nachweis von Mehrlingen, zur Bestim­ mung der Lage der Plazenta sowie der Größe und Lage des Kindes. Alle Unter­ suchungen während einer Schwangerschaft, die direkt das ungeborene Kind betreffen, werden unter dem Begriff Pränataldiagnostik ( pränatale Diagnose, PND ) zusammengefasst. Mit ihrer Hilfe können mögliche Fehlbildungen oder Erkrankungen frühzeitig erkannt werden, so auch bestimmte Mutationen, die zu mehr oder weniger schwerwiegenden Krankheiten führen können ( S. 62 ff). Um das Risiko, ein Kind mit einer Chromosomenanomalie (zB Triso­ mie 21) zur Welt zu bringen, abschätzen zu können, wird zwischen der 11. und der 14. Schwangerschaftswoche (SSW) der Combined Test durchgeführt. Dabei wird der Fetus mittels Ultraschall auf Auffälligkeiten untersucht. So können zum Beispiel ein verbreiteter Nacken, ein fehlender oder unterentwickelter Nasenbeinknochen sowie ein veränderter Blutfluss im Herzen Hinweise auf eine Trisomie 21 sein. Zusätzlich wird festgestellt, ob die Konzentration der Plazentahormone im Blut der Schwangeren im Normbereich liegt. Aus den Ergebnissen der Untersuchungen lässt sich unter Berücksichtigung des Alters der werdenden Eltern das Gesamtrisiko ermitteln. Ultraschallauffälligkeiten und von der Norm abweichende Ergebnisse bei den Hormonbestimmungen, die im Zuge des Combined Tests festgestellt werden, sowie ein fortgeschrittenes Alter der werdenden Eltern sind die häufigsten Gründe invasive pränatale Untersuchungen durchzuführen ( Abb. 74): Mit der Chorionzottenbiopsie und Amniozentese werden Chromosomenab­ weichungen und Stoffwechselerkrankungen erkannt. Auch können mittels Amniozentese Fehlentwicklungen des zentralen Nervensystems diagnostiziert werden. Die Chordozentese wird häufig zur Bestätigung einer mittels Chorion­ zottenbiopsie oder Amniozentese gestellten Diagnose, aber auch zur Unter­ suchung des kindlichen Blutes bzw. zum Einbringen notwendiger Medikamen­ te durchgeführt.  Gendiagnostik umfasst Methoden zur Untersuchung des menschlichen Erbguts in Bezug auf genetische Veränderungen  humangenetische Beratung dient dazu, erblich bedingte Erkrankun­ gen oder Risiken für Erkrankungen zu er­ kennen und zu verstehen  genetische Familienberatung dient der Abklärung, ob eine mögliche Veranlagung besteht, eine genetisch be­ dingte Krankheit zu vererben  Pränataldiagnostik (pränatale Dia­ gnose, PND) Diagnose vor der Geburt; prae (lat.) = vor, nasci (lat.) = geboren werden  Combined Test mit Hilfe dieses Tests lassen sich 90% al­ ler Trisomie 21-Fälle bereits in der Früh­ schwangerschaft diagnostizieren  Gesamtrisiko Beträgt es zB 1 : 50, bedeutet dies, dass von 50 Frauen mit denselben erhobenen Werten eine ein Kind mit einer Chromo­ somenanomalie bekommt.  fortgeschrittenes Alter mit dem Alter steigt die Wahrscheinlich­ keit der Entstehung von Mutationen u.a. in den Keimzellen (auch beim Mann)  invasive pränatale Untersuchungen bei diesen erfolgt ein Eingriff in den Körper der Schwangeren; invadere (lat.) = einfallen, eindringen  Chorionzottenbiopsie Gewebsentnahme aus der Zottenhaut (Chorion,  Band 6); wird in der 10. bis 12. SSW durchgeführt; die Gewebsent­ nahme erfolgt entweder mit Hilfe einer feinen Hohlnadel durch die Bauchdecke oder einer feinen Biopsiezange, die über die Scheide in den Uterus eingeführt wird  Amniozentese Fruchtwasserpunktion (wird zwischen der 15. und der 18. SSW durchgeführt); Fruchtwasser enthält kindliche Zellen  Chordozentese Nabelschnurvenenpunktion; Entnahme von fetalem Blut; ab der 20. SSW mög­ lich Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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