Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

67 Humangenetik M Arbeitsheft Seite 23 Hemizygotie zeigt vor allem bei Mutationen am X-Chromosom Auswirkungen Auf den Gonosomen liegen neben den Genen, die das Geschlecht bestimmen ( S. 59), auch Erbanlagen für geschlechtsunabhängige Merkmale. Vergleichst du das X- und das Y-Chromosom ( S. 59, Abb. 44), fällt dir bestimmt auf, dass letzteres viel kürzer ist. Die Folge ist, dass es im männlichen Geschlecht nicht für jedes Gen auf dem X-Chromosom ein homologes Gen auf dem Y-Chromo­ som geben kann. Aus diesem Grund sind Männer zB in Bezug auf die Blutge­ rinnung, das Farbensehen und den Haarwuchs hemizygot . Die zuständigen Gene sind nämlich auf dem X-Chromosom lokalisiert. Männer können diese Allele deshalb nur mit ihrem X-Chromosom und damit ausschließlich an Töchter weitergeben, Frauen hingegen auch an Söhne. Sind die Allele rezessiv, treten die entsprechenden Merkmale bei Töchtern nur dann in Erscheinung, wenn Homozygotie vorliegt. Bei Heterozygotie sind Frauen lediglich Anlagenträgerinnen ( Konduktorinnen ), das heißt, dass diese Frauen das rezessive Allel zwar vererben können, es sich aber phänotypisch nicht bei ihnen selbst auswirkt. Erhält ein Sohn von der Mutter das rezessive Allel, zeigt sich das entsprechen­ de Merkmal aufgrund der Hemizygotie im Phänotypus. Dies erklärt, warum bestimmte rezessive, erbliche, mutationsbedingte Krank­ heiten beziehungsweise Merkmale, wie etwa die Bluterkrankheit , die Rot-Grün-Farbsehschwäche und auch der frühzeitige Haarausfall , fast immer nur bei Männern auftreten. Die Bluterkrankheit ( Abb. 59 und 60) kommt in Mitteleuropa bei Männern mit einer Häufigkeit von 1 : 10 000 vor. Im europäischen Hochadel trat sie auf­ grund der Heiratspolitik gehäuft auf. Betrachtet man die Stammbäume euro­ päischer Fürstenhäuser ( Arbeitsheft, S. 14), kann man feststellen, dass die Bluterkrankheit immer nur männliche Nachkommen betraf.  hemizygot Gibt es in einem diploiden Chromoso­ mensatz für ein Allel kein homologes, spricht man von Hemizygotie. hemi (griech.) = halb  Konduktorinnen Überträgerinnen conducere (lat.) = übertragen  Bluterkrankheit medizinisch Hämophilie; Erbkrankheit, bei der die Blutgerinnung gestört ist  Rot-Grün-Farbsehschwäche Rote und grüne Farbtöne sind mehr oder weniger gut unterscheidbar.  frühzeitiger Haarausfall Bei Männern zeigt sich der Haarausfall zunächst an den Schläfen und der Stirn, danach ist der Hinterkopf betroffen. Häufig bleibt nur ein Haarkranz übrig. Bei Frauen kommt es zumeist zu ver­ stärktem Haarausfall im Scheitelbereich.  Heiratspolitik Über Jahrhunderte hinweg wurde gezielt innerhalb bestimmter Herrscherfamilien geheiratet. 58  Vererbung der Bluterkrankheit: Mutter ist Konduktorin 59  Vererbung der Bluterkrankheit: Vater ist Bluter 60  Testbild zur Rot-Grün-Sehschwäche 1. Die Rot-Grün-Farbsehschwäche und der frühzeitige Haarausfall werden genauso vererbt wie die Bluterkrankheit. Berechne die Wahrscheinlichkeit, a) dass ein Sohn rot-grün-farbsehschwach ist, wenn sein Vater rot-grün-farbsehschwach ist und seine Mutter keine Konduktorin. b) dass Enkelsöhne frühzeitigen Haarausfall zeigen, wenn der Großvater mütterlicherseits auch betroffen ist. 2. Gib an, welche Phänotypen die Kinder eines farbsehtüchtigen Mannes mit einer farbsehschwachen Frau aufwei­ sen können. Selbst aktiv! Mit Abb. 61 kannst du deine Farb­ sehtüchtigkeit testen. Bei norma­ ler Farbsehtüchtigkeit solltest du die Zahl 5 erkennen. Siehst du diese Zahl nicht, so kannst du davon ausgehen, dass du eine Rot-Grün-Sehschwäche hast. Selbst aktiv! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=