Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

60 Vererbung und Humangenetik Der Hormonstatus kann den Phänotypus beeinflussen Unabhängig vom genetisch definierten Geschlecht kann ein veränderter Hormonhaushalt zu einem anderen Erscheinungsbild führen. Eine mögliche Ursache kann zB eine Androgenresistenz sein. Hierbei wird der Rezeptor des Androgens Testosteron durch ein verändertes Allel (Genmutation,  S. 50) gehemmt. Als Folge kann Testosteron vermindert bis gar nicht auf die Körper­ zellen wirken. Androgenresistente Menschen sind aufgrund ihrer Gonosomen männlich, der Phänotypus kann allerdings (mehr oder weniger stark ausgebil­ det) weiblich sein. Bei manchen Tieren erfolgt die Geschlechtsdetermination phänotypisch Bei manchen Tieren wird das Geschlecht nicht genotypisch, sondern von Außenfaktoren festgelegt (phänotypische Geschlechtsdetermination). So bestimmt zB bei vielen Schildkröten- und Alligatorarten die Temperatur , bei der die Eier bebrütet werden, das Geschlecht. Sie bewirkt, ausgelöst durch ein temperaturabhängiges Enzym, die Umwandlung vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron in Östrogen (weibliches Geschlechtshormon) und umgekehrt. Durch weibliche Hormone entwickelt sich bei Bonellia viridis ein Männchen Ein Kuriosum findet man beim Meereswurm Bonellia viridis ( Abb. 47). Die geschlechtlich noch undifferenzierten Larven sinken zum Meeresboden. Errei­ chen sie diesen, setzen sie sich dort fest und wachsen zu bis zu 1,5m langen Weibchen heran. Trifft eine herabsinkende Larve auf ein Weibchen, dringt sie in den weiblichen Körper ein. In den weiblichen Geschlechtsorganen reift sie durch Hormone, die vom weiblichen Wurm abgegeben werden, zu einem etwa 2mm großen männlichen Wurm. Hermaphroditen sind doppeltgeschlechtlich Ist bei einem Organismus sowohl das männliche als auch das weibliche Geschlecht gleichzeitig ausgeprägt und bilden diese sowohl männliche als auch weibliche Keimzellen bzw. Geschlechtsorgane, spricht man von Herma­ phroditismus bzw. Zwittrigkeit. Im Pflanzenreich ist die Zwittrigkeit weit verbreitet ( Begegnungen mit der Natur 5 und 6). Im Tierreich tritt Zwittrigkeit beispielsweise bei wirbellosen Tieren (zB Regenwurm), Nesseltieren und Landlungenschnecken auf. Manche Lebewesen ändern ihr Geschlecht im Laufe des Lebens Manche Lebewesen sind sequenzielle Hermaphroditen. Das bedeutet, dass sie einen Teil ihres Lebens männlich, einen anderen Teil weiblich sind. Ein Beispiel für eine solche Geschlechtsumwandlung ist von den in den Korallenriffen des Indopazifiks lebenden Anemonenfischen bekannt: In einer Anemone leben ein Weibchen und mehrere kleinere Männchen. Gelangt ein zweites, größeres Weibchen ins Revier, wandelt sich das kleinere weibliche Tier in ein Männchen um. Stirbt der weibliche Fisch eines Schwarms, entwickelt sich der größte männliche Fisch innerhalb von vier bis neun Wochen zum Weibchen.  Androgene männliche Geschlechtshormone  Temperatur Verantwortlich dafür ist ein Enzym, das das männliche in das weibliche Ge­ schlechtshormon umwandelt. Da die En­ zymaktivität temperaturabhängig ist ( Enzyme, Begegnungen mit der Natur, Band 5), beeinflusst dies in Folge die Ausprägung des Geschlechts. Bei Schild­ kröten beispielsweise entstehen bei hö­ heren Nesttemperaturen männliche Jungtiere. Bonellia viridis gehört zum Stamm der Ringelwürmer  Hermaphroditismus aus der gr. Mythologie: Gott Hermes und Göttin Aphrodite  Anemonenfische werden nach den beiden bekanntesten Arten häufig auch Clownfische genannt 46  Ob aus einem Ei ein männliches oder weibliches Krokodil schlüpft, wird von der Temperatur beeinflusst. 47  Bonellia 48  Anemonenfische Die Geschlechtsbestimmung einer Honigbiene, also ob sich eine Drohne oder eine Arbeiterin bzw. Königin entwickelt, erfolgt genotypisch. Recher­ chiere die zugrundeliegenden Abläufe. Selbst aktiv! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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