Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

35 Vom Gen zum Merkmal – die Proteinsynthese Im lytischen Vermehrungszyklus wird die Wirtszelle getötet Die Vermehrung der Viren in den Wirtszellen kann auf zwei Arten erfolgen. Sie sind im Folgenden am Beispiel von Bakteriophagen dargestellt: Die Infektion beginnt damit, dass sich die Phagen mithilfe ihrer Schwanzfaser­ proteine und den Spikes ( Abb. 35C) an bestimmte Rezeptoren der Wirtszelle heften. Mit dem Schwanzrohr wird nun ein kleines Loch in die Wand der Bak­ terienzelle gebohrt und anschließend die Phagen-DNA injiziert (es gibt auch Viren, die als Ganzes in die Wirtszelle eindringen und erst dort ihr genetisches Material freisetzen). Das Erbmaterial des befallenen Bakteriums wird abgebaut, aus den Abbau­ produkten wird Phagengenom hergestellt. Die Bakterienzelle synthetisiert nun, durch die Phagen-DNA umprogrammiert, nicht mehr eigene, sondern Phagenproteine. Die Viren werden damit stark vermehrt. Schließlich wird die Wirtszelle endgültig zerstört: Sie platzt auf und setzt dabei 50 bis 200 neue Phagen frei, die ihrerseits neue Zellen befallen können. Da die Viren die Wirts­ zelle dabei zerstören, wird ihr Vermehrungszyklus als lytischer Vermehrungs- zyklus bezeichnet. Der gesamte Zyklus vom Anheften der Phagen bis zum Auf­ platzen der Wirtszelle dauert bei einer Temperatur von 37 °C 20 bis 30 Minuten. Beim lysogenen Vermehrungszyklus wird fortlaufend Phagen-DNA produziert Neben Phagen, die sich im lytischen Vermehrungszyklus vermehren, gibt es auch Phagen, die ihre DNA in das Bakteriengenom einbauen. Die in das Bakte­ rien-Genom eingebaute Phagen-DNA wird als Prophage bezeichnet. Die infi­ zierten Bakterien vermehren sich normal weiter, indem sie ihr Erbmaterial ver­ doppeln und sich teilen. Dabei wird auch die Phagen-DNA verdoppelt und an die Bakterienfolgezellen weitergegeben. Auf diese Weise entstehen Bakterien­ zellkolonien, die alle Prophagen in sich tragen ( lysogener Vermehrungs­ zyklus ). Sind die Lebensbedingungen für die Bakterienzellen ungünstig, beispielswei­ se bei Nahrungsmangel, kann sich die Phagen-DNA wieder in der Bakterien­ zelle selbstständig machen und zum lytischen Vermehrungszyklus übergehen. 35  Bau verschiedener Viren: HI-Virus (A), Grippevirus (B), Bakteriophage (C)  Bakteriophagen „Bakterienfresser“; Viren, die sich in Bak- terienzellen vermehren (werden häufig kurz als Phagen bezeichnet) Die ersten genauer untersuchten Phagen waren verschiedene Typen, die das u.a. im Dick- darm des Menschen lebende Bakterium Escherichia coli befallen. In der Reihenfolge ihrer Erforschung wurden sie als T1 (Typ 1), T2 (Typ 2) usw. bezeichnet. phagein (griech.) = fressen  lytischer Vermehrungszyklus lytikos (griech.) = zum Auflösen geeignet  lysogener Vermehrungszyklus Auf diese Weise können sich die Viren vermehren, ohne den Wirt, von dem sie abhängig sind, zu zerstören. 36  Lytischer und lysogener Zyklus (Schema) 37  Bakteriophagen befallen Bakterien­ zelle (TEM) Membran aus Proteinen und Lipiden der Wirtszelle Kernbereich Kopf mit DNA Schwanzrohr Schwanz- fasern Spikes 100nm B A C Infektion Phagen-DNA Zelle lysiert und setzt Phagen frei Bakterien­ chromosom DNA des Phagen wird in Bakterien­ chromosom integriert Prophage Prophagen vermeh­ ren sich durch Zellteilung lysogener Zyklus lytischer Zyklus Produktions- phase 0,2 µm Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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