Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

32 Die Grundlagen der Genetik M Arbeitsheft Seite 8 Epigenetik Eineiige Zwillinge (natürliche Klone) haben identisches Erbmaterial und damit viele Gemeinsamkeiten. Sie weisen aber häufig auch Unterschiede auf, beson­ ders im Alter. Worauf sind diese Unterschiede zurückzuführen? Epigenetische Marker beeinflussen die Genregulation In den Regulatorgenen ist das An- und Abschalten von Strukturgenen festge­ legt (genetische Faktoren der Genregulation,  S. 29). Darüber hinaus kann die Aktivität von Genen – durch Umwelteinflüsse ausgelöst – über so genann­ te epigenetische Marker reguliert werden ( epigenetische Faktoren der Genre­ gulation). Zwei mittlerweile gut erforschte Regulationsmechanismen sind die DNA-Methylierung , die die Genaktivität hemmt, und die Acetylierung der His­ tone, die durch Auflockern des dicht gepackten genetischen Materials die Transkription stimuliert. Durch diese epigenetischen Marker, die von einer Zell-Generation auf die nächste übertragen werden, entstehen epigenetische Muster. Sie sind in den verschiedenen Zelltypen und auch von Organismus zu Organismus unterschiedlich. Die Gesamtheit der epigenetischen Marker wird als Epigenom bezeichnet. Epigenetik ist die Wissenschaft, die sich mit Genregulation abseits der geneti­ schen Genregulation befasst.  epigenetische Faktoren Eine spanische Forschergruppe fand he- raus, dass das Epigenom (siehe unten) eineiiger Zwillinge in jungen Jahren nahezu identisch ist, später jedoch nicht mehr. Offensichtlich nehmen die unter- schiedlichen Lebensumstände Einfluss. epi- (griech.) = über, genesis (griech.) = Entstehung  DNA-Methylierung Kopplung von Methylgruppen (–CH 3 ) an die Cytosin-Nukleotide der DNA  Acetylierung Anlagerung einer Acetylgruppe (–CO–CH 3 )  Epigenetik beschäftigt sich mit der Einflussnahme der Umwelt auf die Genaktivität 28  Eineiige Zwillinge – trotz Erbgleich­ heit gibt es Unterschiede Jedes Lebewesen hat individuelle epigenetische Muster Externe Faktoren (zB Nahrung, Hunger, Sport, Stress, soziales Umfeld, Emotio­ nen, Erlebnisse im Mutterleib, Nikotin …) sind für die DNA-Methylierung und andere Regulationsmechanismen von Bedeutung. Im Laufe des Lebens ent­ wickeln Lebewesen so ihre ganz individuellen epigenetischen Codes und damit Eigenschaften. Ein Paradebeispiel für den Einfluss der Nahrung auf die epigenetische Genre­ gulation ist die Entwicklung von Bienenlarven ( Abb. 30). Man entdeckte, dass Arbeiterinnen und Königinnen bei den Genen, die für die Entwicklung zuständig sind, große Unterschiede der epigenetischen Codes aufweisen. Ver­ ursacht werden diese durch die Nahrung. Pollen und Honig verursachen eine starke Methylierung der für die Entwicklung zuständigen DNA-Abschnitte, aus den Bienenlarven entwickeln sich Arbeiterinnen. Wird eine Bienenlarve aber mit Gelee Royale (Bienenköniginnenfuttersaft) gefüttert, kommt es zu keiner Methylierung und sie entwickelt sie sich zur Königin. Der Futtersaft enthält eine Fettsäure, die die entsprechenden Gene aktiviert. 29  Genaktivität durch epigenetische Marker (Schema) 30  Die Entwicklung der Honigbiene Pollen und Honig verursachen eine starke Methylierung der Gene, die für die Entwick­ lung der Geschlechtsorgane zuständig sind; aus der Larve entwickelt sich eine Arbeiterin. Ob sich aus der Bienenlarve eine Arbeiterin oder eine Königin entwickelt, hängt von der Nahrung ab. Gelee Royale führt zu keiner Methylierung der entsprechenden Gene; aus der Larve entwickelt sich eine Königin. Acetylgruppen Transkription kann nicht stattfinden Transkription kann stattfinden Histone methyliertes Cytosin unmethyliertes Cytosin DNA Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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