Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

31 Vom Gen zum Merkmal – die Proteinsynthese M Arbeitsheft Seite 8 Homöotische Gene sind in der Embryonalentwicklung regulatorisch tätig Auch gibt es Regulatorgene, die irreversible Differenzierungsprozesse in Gang setzen, die während der Embryonalphase für die Entwicklung des Embryos entscheidend sind. Sie werden als homöotische Gene bezeichnet. Entdeckt wurden die homöotischen Gene von Christiane Nüsslein-Volhard , die dafür 1995 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt. Die homöotischen Gene aller Wirbeltiere und vieler Wirbelloser weisen einen gleichen oder sehr ähnlichen Abschnitt aus 180 Nukleotiden auf, die so genannte Homöobox . Die von ihr codierten Proteinabschnitte vermitteln die Anbindung des Proteins an den jeweiligen Promotor der Zielgene. Ein Beispiel für homöotische Gene ist die bei Tieren vorkommende Hox-Gen-Familie (abgeleitet von Homöobox). Bei Wirbeltieren werden sie Hox-Gene bezeichnet, bei Gliedertieren, wie den Insekten, Hom-Gene. Sie steuern die Aktivität von Genen, die für die Ausbildung der Körpergrundstruktur bei Tieren (Kopf, Rumpf und Extremitäten) zuständig sind. Diese homöotischen Gene bilden in einer bestimmten Abfolge Gruppen (Clus­ ter) auf ein bis mehreren Chromosomen. Bei der Fruchtfliege Drosophila bei­ spielsweise findet man auf nur einem Chromosom einen Cluster aus acht Hom-Genen ( Abb. 27 A). Sie werden entsprechend ihrer Reihenfolge nach­ einander aktiv, wodurch die einzelnen Körperregionen kopfabwärts angelegt werden. Wirbeltiere weisen vier Hox-Cluster aus insgesamt 39 Hox-Genen auf ( Abb. 27 B). Da ihre Abfolge auf den Chromosomen weitgehend der bei anderen Tiergrup­ pen (so auch der bei Drosophila ) entspricht, nimmt man an, dass die Hox-Gene bzw. -cluster im Zuge der Evolution durch Verdopplungsereignisse ausgehend von einem gemeinsamen Vorfahren entstanden sind.  homöotische Gene Regulatorgene, deren Produkte die Dif- ferenzierung der Zellen während der Embryonalentwicklung steuern, indem sie die dafür verantwortlichen Gene akti- vieren oder hemmen. Vergleichbare Regulatorgene kommen sowohl bei Pro- als auch Eukaryonten vor. Das lässt vermuten, dass die homöo- tischen Gene sehr früh in der Entwick- lung der Lebewesen entstanden sind (Beweis für die Evolution,  S. 86). Da sie sich als nützlich erwiesen haben, sind sie bis heute erhalten geblieben.  Christiane Nüsslein-Volhard (geb. 1942); deutsche Genetikerin und Entwicklungsbiologin  Homöobox homoios (griech.) = gleich, box (engl.) = Schachtel Auch bei der Differenzierung von Gewebe sind Regulatorgene entscheidend Ein Beispiel für weitere Regulatorgene, die irreversible Regulierungsprozesse in Gang setzen, sind die so genannten Pax-Gene (Abkürzung für Paired-box-Gene). Sie sind im frühen Entwicklungsstadium von Tieren wichtig für die Differen­ zierung der Gewebe. 26  Christiane Nüsslein-Volhard 1995 Berechne die Anzahl der Amino­ säuren, die von der Homöobox codiert werden. Selbst aktiv! 27  Hox-Cluster von Drosophila (A) und eines Menschenembryos als Beispiel für ein Wirbeltier (B); die Farben entsprechen den jeweils ausgebildeten Körperstrukturen A B Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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