Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

29 Vom Gen zum Merkmal – die Proteinsynthese M Arbeitsheft Seite 8 Polysome ermöglichen eine schnellere Polypeptidproduktion An einem Ribosom kann in durchschnittlich einer Minute ein Protein syntheti­ siert werden. Zur Steigerung der Polypeptidproduktion sind mehrere Riboso­ men unmittelbar hintereinander an einem reifen m-RNA Molekül aktiv: Sobald ein Ribosom mehrere Nukleotide translatiert hat und genügend Platz ist, bin­ det sich ein nächstes Ribosom an das 5’-Ende u.s.w. Die so entstehende Ansammlung von Ribosomen an der reifen m-RNA wird als Polyribosom oder Polysom bezeichnet ( Abb. 22 und 23). Bereits während der Synthese nehmen die wachsenden Polypeptidketten, die für das entsprechende Protein typische räumliche Struktur ein. Bestimmt wird diese durch die Abfolge der Aminosäuren im Polypeptid. Die fertigen Proteine wandern zu ihrem Bestimmungsort, wo sie ihre speziellen Aufgaben erfüllen. Regulation der Genaktivität Unsere Zellen sind alle mit dem gleichen genetischen Material ausgestattet, das heißt, dass alle Zellen die gleichen Baupläne für Proteine enthalten. Aller­ dings gibt es viele unterschiedliche Zelltypen in unserem Körper (Nervenzel­ len, Muskelzellen, Blutzellen …), die auch einen unterschiedlichen Bedarf an Proteinen aufweisen. Bestimmte Gene sind in bestimmten Zellen deshalb sehr aktiv, während andere mehr oder weniger „nichts zu tun haben”. Die Genakti­ vität muss demnach reguliert werden ( Genregulation ). Tatsächlich gibt es Proteine, die für die Regulierung zuständig sind (regulato­ rische Proteine,  S. 30). Gene, die die Information für die Synthese solcher Regulatorproteine enthalten, werden als Regulatorgene bezeichnet. E. coli lieferte Erkenntnisse über die Genregulation Die ersten Beweise für die Regulation der Aktivität von Genen lieferten François Jacob und Jacques Monod , die bei Versuchen mit Kolibakterien eine interessante Beobachtung machten: Wurden Bakterien auf einem Nährboden gezüchtet, der Milchzucker enthielt, wuchsen sie kontinuierlich weiter. Wurden sie jedoch zuerst auf einem Traubenzucker-Nährboden gezüchtet und dann auf einen Milchzucker-Nährboden übertragen, setzte für einige Stunden ein Wachstumsstillstand ein. Offensichtlich brauchten die Bakterien Zeit, sich auf den neuen Energielieferanten einzustellen. Es stellte sich heraus, dass Kolibakterien das Enzym für den Abbau des häufig vorhandenen Traubenzuckers ständig parat haben. Die drei Enzyme (u.a. das Enzym Beta-Galactosidase), die zur Aufnahme, zur Spaltung und zum Umbau des seltener vorkommenden Milchzuckers benötigt werden, müssen allerdings erst synthetisiert werden, wenn dieser wirklich vorhanden ist. Der Milchzucker regt also die Bildung der Enzyme an, die für seinen Abbau notwendig sind. Gene, die nur bei Bedarf aktiv werden, bezeichnet man als regulierte Gene. Jacob und Monod erhielten im Jahr 1965 für ihre Entdeckung auf dem Gebiet der genetischen Kontrolle der Synthese von Enzymen und Viren den Nobel­ preis für Physiologie oder Medizin. Stelle Vermutungen darüber an, woher die für die Synthese der Proteine benötigten Aminosäuren stammen. Wiederhole, was essenzielle Aminosäuren sind. Selbst aktiv! 22  Polysome (Schema) 23  Polysome (elektronenmikroskopische Aufnahme, nachgefärbt) m-RNA Protein Ribosom  Genregulation bezeichnet die Steuerung der Aktivität von Genen  Regulatorgene können Strukturgene (alle Gene, deren Produkte keine regulatorische Funktion haben) reversibel an- und abschalten ( S. 30) bzw. irreversibel Differenzie- rungsprozesse in Gang setzen (homöoti- sche Gene,  S. 31)  François Jacob (1920–2013), französischer Genetiker  Jacques Monod (1910–1976), französischer Biochemiker  Kolibakterien Darmbakterium Escherichia coli (kurz E. coli ;  Seite 34 f) 24  Jacob (1. v. l.) und Monod (2. v. r.) mit Kollegen bei der Nobelpreisverleihung 1965 angefangenes Protein fast fertiges Protein Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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