Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

146 Biotechnologie und Gentechnik Die ADA-Gentherapie war die erste erfolgreiche Gentherapie Die ADA-Immunschwäche beruht auf einem angeborenen Gendefekt, der die Bildung des Enzyms Adenosin-Desaminase (ADA) unterbindet. ADA ist für den Abbau von bestimmten Stoffwechselprodukten zuständig, die den Körper schädigen. Fehlt ADA, reichern sich diese im Körper an und verhindern die Bil- dung der T-Lymphozyten. Die erste erfolgreiche Gentherapie wurde im Jahr 1990 von amerikanischen Ärzten an der vierjährigen Ashanti DeSilva, die an der ADA-Immunschwäche litt, durchgeführt. Der Patientin wurde Blut entnommen. Im Reagenzglas schleusten die Ärzte mit harmlosen retroviralen Vektoren intakte ADA-Allele in die weißen Blutkörperchen ein. Durch Infusionen wurden die gentechnisch veränderten Blutzellen wieder in den Körper des Kindes eingebracht. Nach einigen Behandlungen besserte sich der Zustand des Kindes. Da sich reife weiße Blutkörperchen nicht vermehren, musste die Transfusion der gentech- nisch veränderten Blutkörperchen periodisch wiederholt werden. Eine dauer- hafte Heilung aufgrund der Gentherapie konnte bei Ashanti nicht erzielt wer- den. Um überleben zu können, bekommt sie heute noch regelmäßig ADA-Injektionen verabreicht.Eine Verbesserung der ADA-Gentherapie ist das Einschleusen fremder ADA-Gene in eigene Knochenmarkszellen ( Abb. 34). Die Gentherapie entwickelt sich laufend weiter Obwohl Gentherapien schon in vielen Fällen erfolgreich durchgeführt wurden, gibt es noch einige Hürden zu überwinden, bevor sie routinemäßig eingesetzt werden können. Zum Beispiel ist es bis heute noch nicht gewährleistet, eine exakte genetische Kontrolle über das transferierte Gen zu erreichen. So pas- sierte es, dass sich in manchen Fällen Gen-Taxis, die zur Behandlung der ADA-Immunschwäche (siehe oben) eingebracht wurden, nicht nur im gewünschten, sondern auch in einem Krebsgen verankerten. Die betroffenen Kinder erkrankten dadurch an Leukämie. Weiters ist noch nicht gewährleistet, dass der Einbau des therapeutischen Gens nicht die Funktion anderer Gene beeinträchtigt. Eine neue Methode ( CRISP/Cas9 ) gibt Hoffnung, in Zukunft Erbmaterial einfa- cher und präziser schneiden und verändern zu können. Die Keimbahntherapie ist ethisch umstritten Therapeutische Eingriffe zur gezielten Reparatur von Genen in den Zellen der Keimbahn (Ei- und Samenzellen bzw. ihre Mutterzellen), die Keimbahnthera- pie , werden aus ethischen Gründen abgelehnt und sind auch in den meisten Ländern der Welt verboten. Es stellt sich allerdings die Frage, wie lange das noch so sein wird. Es ist unbestritten, dass die Verhinderung bestimmter Krankheiten, wie beispielsweise Mukoviszidose ( Seite 64), nur über die Keimbahn möglich ist. Da die Genkorrekturen in den Keimzellen an die Nach- kommen weitergegeben werden, ließen sich Erbkrankheiten, die über Genera- tionen in einer Familie immer wieder auftreten, besiegen. Eine andere Zielsetzung der Keimbahntherapie wäre das zusätzliche Einbrin- gen neuer Gene in das menschliche Erbgut. Es könnten beispielsweise Gene eingeschleust werden, die eine Immunität gegen bestimmte Infektionskrank- heiten bewirken. So wurde bereits darüber spekuliert, ein in Pavianen vorkom- mendes Gen, das den Tieren eine Abwehr gegen HIV verleiht, auf den Men- schen zu übertragen. Langfristige Folgen eines solchen Eingriffs für die Funktion des menschlichen Erbgutes sind allerdings unabsehbar. Gegnerinnen und Gegner der Keimbahntherapie argumentieren unter ande- rem damit, dass diese Methode zur „Verbesserung des menschlichen Erbgu- tes“, also zur Schaffung eines „genetisch aufgerüsteten Menschen“, eines „Supermenschen“ missbraucht werden könnte.  ADA-Immunschwäche Aufgrund der Immunschwäche sterben Patientinnen und Patienten an den harmlosesten Infektionen, wie beispiels- weise Schnupfen. Betroffene müssen deshalb von jeglichem Infektionsrisiko ausgeschlossen sein, sie können nur in sterilen Plastikzelten überleben, wes- halb sie als „Bubble-Babys“ bezeichnet werden.  Keimbahntherapie Die Keimbahntherapie wurde bereits im Tierversuch erprobt, die Forschungser­ gebnisse zeigen jedoch, dass diese Tech- nik noch lange nicht anwendungsreif ist. So wird beispielsweise das therapeuti- sche Erbgut nicht immer in gewünschter Weise aufgenommen und intakte Gene können dabei zerstört werden. In der Folge müsste also auf jeden Fall eine PID durchgeführt werden, was den Zweck der Keimbahntherapie wiederum in Frage stellen lässt.  CRISP/Cas9 Abkürzung für C lustered R egularly I nter- spaced S hort P alindromic R epeats; Me- thode, um DNA ganz präzise schneiden und verändern zu können. Dazu werden DNA-Abschnitte genommen, die ur- sprünglich in der DNA von Bakterien und Archaea ( Begegnungen mit der Natur, Band 5) vorkommen, und eine Resistenz (zB gegen Viren) bewirken. Mithilfe des CRISPR/Cas-Systems kann Genome Edi- ting in nahezu allen lebenden Zellen und Organismen durchgeführt werden. 34  Somatische Gentherapie bei ADA- Immunschwäche (Schema) Anlegen einer Zellkultur aus blutbildenden Stammzellen Entnahme von Knochenmark mit blutbildenden Stammzellen Viren integrieren das ADA- Gen in die Stammzellen Einschleusen eines gesunden ADA-Gens in einVirengenom Stammzellen mit ADA-Genen werden in den Blutkreislauf des Patienten übertragen; wachsen im Knochenmark wieder an Entnahme von Knochen- mark mit blutbildenden Stammzellen E nschleusen eines intakten ADA-Gens in ein Virengenom Anlegen einer Zellkultur aus blutbildenden Stammzellen Viren integrieren das ADA-Gen in die Stammzellen Stammzellen mit ADA-Genen werden in den Blutkreislauf des Patienten übertragen; wachsen im Knochenmark wieder an Anlegen einer Zellkultur aus blutbildenden Stammzellen Entnahme von Knochenmark mit blutbildenden Stammzellen Vire integrieren das ADA- Gen in die Stammzellen Einschleusen eines gesunden ADA-Gens in einVirengenom Stammzellen mit ADA-Genen werden in den Blutkreislauf des Patienten übertragen; wachsen im Knochenmark wieder an Anlegen einer Zellkultur aus blutbildenden Stammzellen Entnahme von Knochenmark mit blutbildenden Stam zellen Viren integrieren das ADA- Gen in die Stam zellen Einschleusen eines gesunden ADA-Gens in einVirengenom Stam zellen mit ADA-Genen werden in den Blutkreislauf des Patienten übert agen; wachsen im Knochenmark wieder an Anlegen einer Zellkultur l t il t ll t r it l t il t ll i i t ri r - i i t ll i l i - i i ir t lle it A- r i n Blutkreislauf des Patient rtr ; w e i r i r n Anleg n inerZellk ltur ausblutbildendenStammz llen EntnahmevonKnochenmark mitblutbildendenStammzellen Viren integrierendasAD - Gen indieStam zelle Einschleuseneinesg su den ADA-Gens ineinVirengenom StammzellenmitADA-Genen werden indenBlutkreislaufdes Patientenübertrag n;wachsen imKnochenmarkwiederan Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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