Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

141 Der Mensch greift ein Mit dem genetischen Fingerabdruck können mitunter auch historische Ereignisse untersucht werden Nikolaus II., der letzte Zar Russlands, musste im Zuge der kommunistischen Februarrevolution von 1917 abdanken. Am 17. Juli 1918 wurde er gemeinsam mit seiner Gattin Alexandra und den fünf Kindern Olga, Tatjana, Maria, Anas- tasia und Alexei von einem Exekutionskommando erschossen. Berichten zufol- ge wurden die Leichen verbrannt. Allerdings kamen Gerüchte auf, dass die jüngste Zarentochter Anastasia noch lebe. Anfang der 1920er Jahre tauchte plötzlich eine Frau namens Anna Anderson auf, die behauptete, Anastasia zu sein. Obwohl einige Personen sie wiederzu- erkennen glaubten, etwa ihre Tante Cäcilie von Preußen, und grafologische Gutachten eine Übereinstimmung ihrer Handschrift mit der von Anastasia ergaben, wurde Anna Anderson nicht als Zarentochter anerkannt. Sie verstarb 1984. In den 1970er Jahren wurde in der Nähe der Hinrichtungsstelle der Zarenfami- lie ein Grab entdeckt. Die darin befindlichen sterblichen Überreste wurden 1991 exhumiert und DNA-Analysen durchgeführt. Mit Hilfe von DNA-Finger- prints noch lebender Verwandter konnte festgestellt werden, dass die Skelett- reste von Zar Nikolaus II., seiner Frau Alexandra und drei ihrer Töchter stamm- ten. Die Leichen eines Mädchens (Anastasia?) und von Alexei fehlten. 2007 wurde von einem Archäologenteam in der Nähe des in den 1970er Jahren entdeckten Grabes ein weiteres entdeckt. Die darin gefundenen Skelettteile ließen sich mittels DNA-Fingerprinting eindeutig als die sterblichen Überreste Alexeis und einer seiner Schwestern identifizieren. Damit konnte auch ein Schlussstrich unter die Spekulationen gezogen werden, dass Anna Anderson die jüngste Zarentochter gewesen sein könnte. Der genetische Fingerabdruck ist ein wichtiges Werkzeug der Forensik Seit 1997 werden DNA-Fingerprints in Österreich routinemäßig bei der Verbre- chensaufklärung ( Forensik ) eingesetzt. Es genügen kleinste DNA-Tatortspuren (aus Haut, Haaren, Speichel, Blut, Sperma …), um eine verdächtige Person ent- lasten oder überführen zu können. Das Ergebnis eines positiven DNA-Tests kann allerdings nicht alleine über die Schuld bzw. Nichtschuld verdächtiger Personen entscheiden. DNA-Fingerprinting wird auch für Lebensmittelkontrollen eingesetzt Der genetische Fingerabdruck hilft auch falsche Kennzeichnungen bei Lebens- mitteln aufzudecken. So konnte beispielsweise im Jahr 2013 in als Rindfleisch deklarierten Produkten bis zu 100% nicht deklariertes Pferdefleisch nachge- wiesen werden ( Pferdefleischskandal ).  DNA-Analysen Getestet wurden fünf bestimmte Mikro- satelliten, nach denen eindeutig festge- stellt werden konnte, dass es sich bei den Leichen um einen Vater, eine Mutter und ihre drei Kinder handelt ( Abb. 22).  Forensik Gerichtsmedizin forensis (lat.) = zum Forum gehörig  Pferdefleischskandal betroffen davon waren mehrere europäi- sche Länder; das Pferdefleisch wurde hauptsächlich in Fertiggerichten wie Lasagne, Tortellini und Gulasch, in Wurst und in Dönerkebabs nachgewiesen 21  Die Zarenfamilie, 1913 22  Genetische Fingerabdrücke der 1991 exhumierten Leichen 23  DNA-Analysen werden auch bei Lebensmitteln durchgeführt. 1. Rechts ist auf der ersten Spur (S) der DNA-Finger- print eines unbekannten Täters bzw. einer Täterin zu sehen. Die Spuren 1 bis 5 sind die genetischen Fingerabdrücke verdächtiger Personen. Bestimme die tatverdächtige Person. 2. Der genetische Fingerabdruck einer Person, an der eine Knochenmarktransplantation vollzogen wurde, kann juristisch nicht verwertet werden. Begründe dies unter Berücksichtigung der Beson- derheit des DNA-Profils. Selbst aktiv! S 1 2 3 4 5 Zarin Alexandra Zar Nikolaus II Tochter Tochter Tochter Anzahl der Wiederholungen auf beiden Allelen STR 1 15 16 15 16 15 16 15 16 15 16 STR 2  8  8  7 10  8 10  7  8  8 10 STR 3  3  5  7  7  5  7  5  7  3  7 STR 4 12 13 12 12 12 13 12 13 12 13 STR 5 32 36 11 32 11 36 11 36 32 36 Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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