Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

138 Biotechnologie und Gentechnik Therapeutisches Klonen ist in wenigen Ländern erlaubt Während reproduktives Klonen von Menschen aus ethischen Gründen in den meisten Staaten der Erde gesetzlich untersagt ist, ist therapeutisches Klonen in manchen Ländern erlaubt, wie zB in Großbritannien, China, Singapur, Süd- korea und den USA. In Österreich ist die Rechtslage bislang nicht eindeutig geklärt. Nach dem §9 (1) FMedG dürfen „entwicklungsfähige Zellen“ nicht für andere Zwecke als für medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet werden. Ob diese For- mulierung auch embryonale Stammzellen miteinschließt, die durch therapeu- tisches Klonen erzeugt worden sind, ist umstritten. Für das therapeutische Klonen werden auch tierische Eizellen verwendet Da es mitunter schwierig ist, genügend Eizellspenden für das therapeutische Klonen zu bekommen, werden in den USA, Südkorea, China und Großbritan- nien zu Forschungszwecken bereits auch tierische Eizellen, zum Beispiel von Kühen, verwendet. Das Ergebnis sind streng genommen artübergreifende Chimären , da die entkernten tierischen Eizellen noch die mtDNA enthalten ( Seite 135). Nicht nur, dass die Verwendung solcher Hybridembryonen für therapeutische Zwecke als bedenklich hinsichtlich der medizinischen Sicher- heit gilt, ist auch die Aufhebung der klaren Grenzziehung zwischen Mensch und Tier ethisch sehr umstritten. Stammzellen aus Nabelschnurblut lassen sich jahrzehntelang lagern Im Nabelschnurblut wurden Stammzellen gefunden, die noch nicht so deter- miniert (festgelegt) sind wie adulte Stammzellen, aber auch nicht mehr das Entwicklungs- vermögen embryonaler Stammzellen aufweisen. Derzeit sind solche, im Nabelschnurblut vorkommenden, blutbildende Stammzellen von großem Interesse. Nabelschnurblut enthält aber auch Stammzellen diverser Körpergewebe (Herzmuskel-, Leber-, Muskelgewebe …). 2001 wurde in Graz damit begonnen, die erste Nabelschnurblutbank aufzu- bauen. Nabelschnurblut kann nach der Geburt eines Kindes aus dem abge- trennten Teil der Nabelschnur oder aus der Plazenta gewonnen werden. Die Stammzellen werden bei einer Temperatur von –196 °C einlagert. Auch die PND und die PID sind nicht unumstritten Es besteht kaum ein Zweifel darüber, dass pränatale Untersuchungen ( S. 77) sinnvoll sind, wenn eine Erkrankung diagnostiziert wird, für die es auch die Möglichkeit einer (pränatalen) Therapie gibt. In vielen Fällen ist dies aber nicht möglich und führt dazu, dass sich die werdenden Eltern zu einem Schwangerschaftsabbruch entschließen. Gegnerinnen und Gegner der Prä- nataldiagnostik lehnen sie als moralisch nicht vertretbar ab, weil sie die Geburt von Menschen mit Behinderung nicht zulässt. Befürworterinnen und Befürworter sehen in der PID eine Möglichkeit, einen späteren Schwangerschaftsabbruch mit all seinen ethischen, religiösen, psy- chologischen und medizinischen Problemen vermeiden zu können. Gegnerin- nen und Gegner der PID befürchten wiederum, dass die PID die Möglichkeit der Selektion des Geschlechts und diverser Eigenschaften eröffnet („Designer-Baby“). Bereits die wenigen hier angeführten Beispiele zeigen, dass die PND und die PID viele Diskussionspunkte aufwerfen. Zum einen werden darin fortschrittli- che, dem Wohle der Menschen dienliche Techniken der Medizin gesehen, zum anderen teilweise risikoreiche und menschenverachtende Methoden. Eine Antwort, was hier richtig oder falsch ist, lässt sich nicht pauschal geben.  Chimäre In der Medizin und der Biologie wird da- mit ein Lebewesen bezeichnet, das aus genetisch unterschiedlichen Zellen bzw. Geweben aufgebaut ist, die aus zwei (oder mehreren) befruchteten Eizellen stammen. Der Begriff stammt vom my- thologischen Begriff Chimäre, einem fik- tiven Mischwesen, das sich aus mehre- ren Lebewesen zusammensetzt.  Schwangerschaftsabbruch Nach § 97 Abs. 1 StGB ist ein Schwanger- schaftsabbruch innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwanger- schaft erlaubt. Besteht allerdings die Gefahr, „dass das Kind geistig oder kör- perlich schwer geschädigt sein werde“ (§ 97 Abs. 2), darf er auch zu einem spä- teren Zeitpunkt noch erfolgen – je nach Grad der Behinderung theoretisch sogar bis zur Geburt. Dieser so genannte Schwangerschaftsabbruch mit embryo- pathischer Indikation (dh., dass es beim Embryo Hinweise auf eine Missbildung bzw. Krankheit gibt) ist sehr umstritten. Gegnerinnen und Gegner kritisieren, dass dies das Selektieren von Menschen legalisiert und eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung darstellt. 1. In einem Zusatzprotokoll ver- bietet die Bioethik-Konvention das reproduktive Klonen beim Menschen. Diese Reprodukti- onsmethode wird auch nahezu von allen seriösen Wissenschaf- terinnen und Wissenschaftern als unmoralisch abgelehnt. Welche Meinung vertrittst du? Bewerte auch, ob es im Bereich der Tierzüchtung Grenzen gibt, die man nicht überschreiten soll. Diskutiert über das Thema „Soll man das technisch Mögli- che auch immer tun?“ in der Klasse. 2. Stammzellen aus Nabelschnur- blut sind in vielen Fällen trotz identischen Erbmaterials für Ei- gentransplantationen nicht ge- eignet sind. Recherchiere die Ursache. Selbst aktiv! Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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